Winter adé

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Film
Titel Winter adé
Produktionsland DDR
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1988
Länge 116 Minuten
Produktions­unternehmen DEFA-Studio für Dokumentarfilme
Stab
Regie Helke Misselwitz
Drehbuch
Musik Mario Peters
Kamera Thomas Plenert
Schnitt Gudrun Plenert
Besetzung
  • Helke Misselwitz: Sprecherin

Winter adé (mit orthografisch inkorrekter Schreibung von ade) ist ein Dokumentarfilm des DEFA-Studios für Dokumentarfilme von Helke Misselwitz aus dem Jahr 1988.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit 40 Jahren fährt Helke Misselwitz nach Planitz bei Zwickau, um an der Eisenbahnschranke ihren Dokumentarfilm Winter adé zu beginnen. An dieser Stelle wurde sie 1947 im Krankenwagen unter der Mithilfe ihrer Großmutter geboren, und hier ist der Startpunkt für ihre Filmreise durch die DDR. Sie will erfahren, wie andere bisher gelebt haben und wie sie in Zukunft leben möchten und trifft Menschen, vorwiegend Frauen, auf der Arbeit und zu Hause.

Die 42-jährige Werbeökonomin Hiltrud Kuhlmann aus Berlin ist im Zug von Zwickau nach Altenburg die erste Interviewpartnerin. Im Abteil, in der Mitropa und auf dem Bahnsteig erzählt sie von ihren zwei Ehemännern, den zwei Kindern und von der Arbeit. In Altenburg trifft sich Helke Misselwitz mit einem Tanzlehrerehepaar, welchem die älteste Tanzschule der DDR gehört. Hier beobachten wir eine Tanzstunde und Lieselotte Schaller erzählt ihre Erlebnisse vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. In einer Brikettfabrik begleitet Helke Misselwitz die 37-jährige Arbeiterin Christine Schiele, deren Aufgabe es ist, ständig mit einem großen Holzhammer an die Blechrohre und -kanäle zu klopfen, damit sich dort kein Kohlestaub festsetzen kann. Sie erzählt dann zu Hause aus ihrem Leben: Nach der siebten Klasse von der Schule abgegangen, einen Mann kennengelernt und eine Tochter bekommen. Dann hat Christine die Scheidung eingereicht, die sie jedoch auf Bitten ihres Mannes wieder zurückgenommen hat. Sie bekamen noch einen Sohn und dann wurde die Ehe geschieden. Die Tochter ist geistig behindert, und Christine erzählt noch über die speziellen Probleme und dass sie deshalb noch keinen neuen Partner gefunden hat. Doch ihr Sohn hilft ihr sehr viel.

Nach einem kurzen Besuch in einer Puppenklinik bei Frau Helene Wolf in Delitzsch trifft Helke Misselwitz unter einer Eisenbahnbrücke die zwei 17-jährigen Punks Kerstin und Anja. Beide sind die ganze Zeit mit dem Frisieren ihrer Haare beschäftigt. Ihr Hauptziel ist, irgendwo „rumzugammeln“, und deshalb hauen sie auch immer wieder von zu Hause ab. Nach den Dreharbeiten landen beide Mädchen in einem Jugendwerkhof. Wieder im Zug unterwegs, trifft das Filmteam auf eine junge Familie mit drei kleinen Kindern die erzählt, wie schwierig das Leben finanziell zu meistern ist.

In Berlin lernen wir das, anlässlich der 750-Jahrfeier der Stadt, neu eingerichtete Hochzeitszimmer im Jugendtouristenhotel Egon Schultz in Berlin-Lichtenberg kennen. Dieses wird jetzt von dem seit sieben Tagen verheirateten Ehepaar Helga und Andreas Gerlach aus Greiz, Köchin und Versandarbeiter, eingeweiht. Es folgt eine Fahrt mit der U-Bahn bis zum Bahnhof Berlin Alexanderplatz. Auf die Frage, wie viele weibliche Fahrerinnen bei der U-Bahn in Berlin beschäftigt sind, kann die U-Bahnführerin keine Antwort geben. In einem Radio- und TV-Geschäft in der Friedrichstraße laufen auf mehreren Fernsehgeräten die Übertragungen vom festlichen Empfang des ZK der SED zum Internationalen Frauentag und die Aktuelle Kamera. Weiter im Zug, auf dem Weg nach Norden, werden vier junge Mädchen nach ihren Wünschen für die Zukunft befragt. In einem Autokino sehen wir Ausschnitte aus dem DEFA-Film Die Legende von Paul und Paula.

In Groß Fredenwalde feiert das Ehepaar Margarete und Hermann Busse seine Diamanthochzeit. Es ist schon eine Besonderheit, dass von den vielen Kindern und Enkelkindern noch keines geschieden ist. In einem Gespräch mit Margarete Busse allein erzählt sie, dass sie eigentlich einen besseren Mann verdient hätte. So gut, wie sie immer tun, ist er gar nicht. Auf dem Bahnhof von Neubrandenburg werden junge Männer zum Dienst in der Nationalen Volksarmee verabschiedet. Man sieht, dass der Abschied den Freundinnen und Familienangehörigen nicht leicht fällt. In der nächsten Szene sehen wir mehrere Frauen, die im Fischwerk Sassnitz filetierte Heringe in Büchsen legen und abwiegen. In der Pause erzählen sie dem Filmteam, was sie von den Männern halten. Manche würden ihr Leben anders gestalten wollen, hätten sie noch einmal die Möglichkeit dazu. Als letzte der interviewten Frauen kommt Erika Banhardt zu Wort. Sie ist 55 Jahre alt, Leiterin eines Kinderheims für Kinder aus auffälligen Familien und hat einen Sohn und eine Tochter. Eine Heirat hatte sie bisher für sich ausgeschlossen, da sie durch ihren Beruf so stark eingenommen wurde. Jetzt im Alter kann sie sich aber vorstellen, eventuell mit einem Mann zusammen zu leben.

Produktion und Veröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieser Schwarzweißfilm wurde unter den Arbeitstitel Eine Reise durch die DDR gedreht, die Dramaturgie lag in den Händen von Bernd Burkhardt. Erstmals wurde er auf dem 11. Nationalen Festival für Dokumentar- und Kurzfilme der DDR im Oktober 1988 in Neubrandenburg gezeigt.[1]

Die Uraufführung fand am 2. Februar 1989 im Berliner Kino Toni statt.[2] Im Fernsehen der DDR wurde der Film am 15. November 1989 gesendet[3], am 28. November 1989 lief er im ZDF.

Der Film erschien 2022 zusammen mit anderen DEFA-Dokumentarfilmen von Helke Misselwitz in der Edition Winter adé und andere Klassiker von Helke Misselwitz bei Absolut Medien auf DVD.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Neuen Zeit schrieb Klaus M. Fiedler, dass Helke Misselwitz auf berührende Weise mit den einzelnen Schicksalen umgeht und zugleich ungeschminkte Bilder aus dem Alltag der DDR zeigt.[4]

Volker Müller schrieb im Neuen Deutschland[5]:

„Mit Wärme und Zärtlichkeit erzählt die begabte Regisseurin von Glücksmomenten und schweren Prüfungen, von Arbeit, Ansprüchen und Träumen. Vom kurzen Blickwechsel bis zur Lebensgeschichte hat Heike Misselwitz verschiedenartigste Begegnungen festgehalten und sie zu einem fesselnden Reisebericht durch unseren Alltag montiert, reich an geistvollen Assoziationen und Pointen, an Entdeckungen bis ins feinste Detail. Ein Film über Frauen, aber nicht etwa nur für sie. Ein Film zum Thema ‚Wie soll man leben?‘“

Das Lexikon des internationalen Films nannte den Film, besonders durch die eindrucksvolle Kameraarbeit, eine sensible Dokumentation, die auch politische Tabus bricht.[6]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neue Zeit vom 20. Oktober 1988, S. 4
  2. Berliner Zeitung vom 27. Januar 1989, S. 8
  3. Neues Deutschland vom 15. November 1988, S. 4
  4. Neue Zeit vom 6. Dezember 1988, S. 6
  5. Neues Deutschland vom 18. Oktober 1988, S. 6
  6. Winter adé. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  7. Neues Deutschland vom 2. Dezember 1988, S. 1