Spätneolithikum

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Das Spätneolithikum ist ein von 3500 bis 2800 v. Chr. dauernder Abschnitt der Jungsteinzeit Mitteleuropas. Der Terminus geht auf die heute in Deutschland weitgehend verwendete Fünffachgliederung durch Jens Lüning zurück und folgt auf das Jungneolithikum.[1] Demnach ist das Neolithikum in fünf Stufen untergliedert: Frühneolithikum, Mittelneolithikum, Jungneolithikum, Spätneolithikum und Endneolithikum.

Jung-, Spät- und Endneolithikum werden nach dieser Gliederung wegen der zunehmenden Bedeutung von Schmuck und Waffen aus Kupfer auch als Kupfersteinzeit (oder Kupferzeit) zusammengefasst.

Regional unterschiedliche Terminologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verwendung der Begriffe erfolgt in einzelnen Regionen Deutschlands nicht einheitlich, was zuweilen für Verwirrung bei der relativchronologischen Einordnung sorgt. So wird zum Beispiel die Chamer Kultur in Bayern lokal als „endneolithisch“ bezeichnet.[2]

In Mitteldeutschland (im Sinne von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) ist das Neolithikum traditionell dreifach gegliedert. Erstmals 1951 schlug Ulrich Fischer die drei Abschnitte Früh-, Hoch- und Spätneolithikum vor.[3][4] Auch später plädierte Hermann Behrens für eine Dreigliederung in Früh-, Mittel- und Spätneolithikum.[5] Nach der Gliederung von Behrens entspricht dessen Spätneolithikum etwa dem Endneolithikum von Lüning. Später folgte auch für Mitteldeutschland der Vorschlag einer Vierfachgliederung, wodurch eine Parallelisierung mit den südwestdeutschen Kulturen angestrebt wurde.[6][7] Nach Kalibrierung der Radiokohlenstoffdaten stellte sich heraus, dass die Stufe des Jungneolithikums absolutchronologisch wesentlich länger als die anderen drei war, woraufhin Lüning zur Fünffachgliederung überging.

Die fünffache Untergliederung von Lüning ist ein Vorschlag zur Vereinheitlichung des mitteleuropäischen Chronologiesystems, die gleichzeitig wichtige Zäsuren in der Kulturentwicklung widerspiegelt. Nach dieser Gliederung datieren die nachfolgend gelisteten Kulturen ins Spätneolithikum.

Archäologische Kulturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An der Schwelle vom Jung- zum Spätneolithikum steht die Salzmünder Kultur. Die prägenden Kulturen des Spätneolithikums waren die jüngeren Megalithkulturen in Nord- und Mitteldeutschland (Trichterbecherkultur, Walternienburg-Bernburger Kultur, Wartberg-Kultur) sowie die jüngeren Pfahlbau­kulturen an den nordalpinen Seen (Horgener Kultur). Wichtige Kulturgruppe dieser Zeitstufe in Bayern ist die Chamer Kultur.

Aus dem alpinen Spätneolithikum Norditaliens (auch hier als endneolithisch klassifiziert) stammt der Mann vom Tisenjoch, besser bekannt als „Ötzi“. Der Mann entstammte der Südtiroler Remedello-Kultur und starb um 3300 v. Chr.

Erfindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Spätneolithikum wurde erstmals die Existenz von Textilien aus Schafwolle nachgewiesen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Preuß (Hrsg.): Das Neolithikum in Mitteleuropa. Band 1–3, Beier & Beran, Weissbach 1996–1999.
  • Ulrich Fischer: Die Gräber der Steinzeit im Saalegebiet. Vorgeschichtliche Forschungen, Band 15, Berlin 1956, S. 42–266.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jens Lüning: Erneute Gedanken zur Benennung der neolithischen Perioden. In: Germania. Band 74/1, 1996, S. 233–237 (Online).
  2. Thorsten Gohlisch: Die Grabungsbefunde und die Keramik der endneolithischen Siedlung von Dietfurt a.d. Altmühl, Lkr. Neumarkt i.d. OPf.. AMDK 17, VML-Verlag, Rahden 2005.
  3. Ulrich Fischer: Zu den mitteldeutschen Tontrommeln. Archaeologica Geographica 1, S. 98–105.
  4. Ulrich Fischer: Über Nachbestattungen im Neolithikum von Sachsen-Thüringen. Festschrift RGZM Mainz, Bd. 3, S. 161–181.
  5. Hermann Behrens: Die Jungsteinzeit im Mittelelbe-Saale-Gebiet (= Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Band 27). Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1973.
  6. Ulrich Fischer: Gedanken zur Benennung der urgeschichtlichen Perioden. Fundberichte aus Hessen 14, 1974.
  7. Ulrich Fischer: Ein Chronologiesystem im Neolithikum. Germania 54, 1976. S. 182–184.