Sizilianische Mafia-Kommission

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Die sizilianische Mafia-Kommission, auch bekannt als Kuppel (italienisch cupola) oder einfach als Kommission, ist eine Versammlung der wichtigsten Oberhäupter der sizilianischen Verbrecherorganisation Cosa Nostra. Sie dient dazu, wichtige Entscheidungen zu treffen und interne Streitfragen auf friedlichem Weg zu lösen. Die Kommission wurde Mitte der 1950er Jahre nach amerikanischem Vorbild (siehe dazu auch Cosa Nostra: Struktur) gegründet. Dabei war sie weder als Regierungsorgan der Cosa Nostra noch als eine Vertretung aller sizilianischen Mafia-Familien angelegt, sondern laut den Worten des späteren Kronzeugen und Pentito Tommaso Buscetta ein „Instrument der Mäßigung und des inneren Friedens.“[1] Sie sollte auch als Gegengewicht zur Macht der Bosse über ihre jeweilige Familie wirken. Zunächst wurde sie nur für die Provinz Palermo eingerichtet; später sollten ähnliche Einrichtungen für die Provinz Catania, die Provinz Trapani, die Provinz Caltanissetta, die Provinz Agrigent sowie für die Provinz Enna folgen. 1975 wurde auch eine Interprovinzialkommission unter dem Namen Region für ganz Sizilien eingerichtet.

Die erste Kommission von 1958 bis 1963[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Kommission bestand aus den folgenden Männern, die jeweils ein „mandamento“ (das Territorium von jeweils drei Familien) vertreten:[2]

Das Triumvirat von 1969 bis 1974[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem ersten Mafiakrieg von 1962/1963 und dem anschließenden Verfolgungsdruck durch die italienischen Strafbehörden wurde die Kommission für einige Jahre aufgelöst. Im Jahr 1969 wurde zunächst ein provisorisches dreiköpfiges Triumvirat eingerichtet. Es bestand aus den folgenden Bossen, die als die mächtigsten Anführer der Cosa Nostra galten:

Die Kommission in den Jahren von 1974 bis 1977[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1974 wurde die Kommission wieder regulär hergestellt; wie schon in den vergangenen Jahren des Triumvirats, waren die Mitglieder jetzt zugleich die Bosse der vertretenen Familien.

Die Kommission von 1978[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1978 wurde Gaetano Badalamenti auf Initiative der Corleoneser aus der Cosa Nostra ausgeschlossen. Sein Nachfolger als Sekretär der Kommission wurde Michele Greco. Innerhalb der Cosa Nostra kam es zu dieser Zeit zur Spaltung in zwei Machtblöcke; der dominierende Block bestand aus den Corleonesern, die mit den mächtigen Grecos, mit Giuseppe „Pippo“ Calò, Nenè Geraci, Francesco Madonia, Ignazio Motisi sowie mutmaßlich auch Salvatore Scaglione verbündet waren. Die Minderheitenfraktion wurde durch Stefano Bontade, Salvatore Inzerillo, Rosario Riccobono sowie Calogero Pizzuto repräsentiert. Auch Antonio Salamone sympathisierte mit dieser Fraktion, allerdings nicht offen; Salamones Stellvertreter, die Bruscas, wiederum waren eng mit den Corleonesern verbündet und unterstützten diese auch. Die dominierenden Corleoneser trafen gemeinsam mit ihren Verbündeten mehrfach Entscheidungen, von denen Bontade, Inzerillo und Riccobono nichts oder erst im Nachhinein erfuhren.[3]

Die Kommission von 1982[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zweiten Mafiakrieg von 1981 bis 1983 vernichteten die Corleoneser ihre Gegner Bontade und Inzerillo und deren Anhänger. Auch Rosario Riccobono, der gleich zu Beginn des Krieges zu den Corleonesern übergelaufen war, wurde von ihnen Weihnachten 1982 ermordet. Salamone stellte sich freiwillig der Polizei, da er ohne Bontades Rückhalt seine Position nicht gegen die Bruscas halten konnte und ihm die Ermordung drohte. Viele Mandamenti wurden neu geformt. Die Kommission wandelte sich unter der direkten Herrschaft der Corleoneser (noch mehr als bis dahin) von einer demokratischen Versammlung weg hin zu einem Organ, mit dem die herrschende Gruppe ihren Willen durchsetzen konnte. Auch der Posten des Sekretärs wandelte sich zunehmend von der eines ausgleichenden „Moderators“ zu einem autoritären Chef der Kommission, dies insbesondere nachdem Salvatore Riina den Posten einnahm, als Michele Greco im Jahr 1986 verhaftet werden konnte.

1992[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kommission von 1992, die die Morde an Giovanni Falcone und Paolo Borsellino beschloss:

Das Direktorium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Infolge der Attacke auf den italienischen Staat schlug dieser entschlossen zurück; die meisten Angehörigen der Kommission wie auch der „Boss der Bosse“ Salvatore „Totò“ Riina selbst konnten verhaftet werden. Sein Nachfolger Bernardo Provenzano berief Ende der für die Cosa Nostra chaotischen 1990er Jahre anstelle der Kommission ein Direktorat, das aus den folgenden Bossen bestand:

Aktuelle Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2009 wurden von der italienischen Polizei 89 Verdächtige festgenommen und damit der Versuch unterbunden, die Kommission neu zu gründen.[4] Die neue Kommission sollte aus folgenden Mitgliedern bestehen:

Die Interprovinzialkommission[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Interprovinzialkommission, innerhalb der Cosa Nostra oft „Region“ genannt, wurde 1975 auf Initiative von Giuseppe Calderone gegründet als eine Versammlung von Repräsentanten der verschiedenen Provinzen Siziliens; nicht vertreten waren dabei die Provinzen Ragusa, Syrakus und Messina. Die erste Versammlung fand im Februar 1975 in Enna statt. Die Zusammensetzung der ersten Provinzialkommission blieb bis 1978 unverändert. Sie bestand aus

Die Versammlung von 1992 bestand aus:

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. John Dickie: Cosa nostra: Die Geschichte der Mafia. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 3-596-17106-7.
  2. Giovanni Falcone: Inside Mafia, Herbig Actuell, München 1992, ISBN 3-7766-1765-9.
  3. Tim Shawcross, Martin Young: Mafia Wars. The Confessions of Tommaso Buscetta, Fontana/Collins, London 1988, ISBN 0-00-637347-X.
  4. Mafia-Boss erhängt sich im Gefängnis. (Memento des Originals vom 1. Februar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sueddeutsche.de auf: sueddeutsche.de, 17. Mai 2010.