Sergei Kuschugetowitsch Schoigu

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Sergei Schoigu (2022)

Sergei Kuschugetowitsch Schoigu (russisch Сергей Кужугетович Шойгу, tuwinisch Сергей Күжүгет оглу Шойгу; * 21. Mai 1955 in Tschadan, Tuwinisches Autonomes Gebiet, Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik, Sowjetunion) ist ein russischer Politiker und Armeegeneral. Von 1994 bis 2012 war er Minister für Katastrophenschutz der Russischen Föderation. Vom 11. Mai bis 6. November 2012 war er Gouverneur der Oblast Moskau. Von November 2012 bis Mai 2024 war er Verteidigungsminister. Unter seiner ministeriellen Führung überfiel Russland die Ukraine im Februar 2022. Seit dem 12. Mai 2024 ist Schoigu Sekretär des Sicherheitsrates der Russischen Föderation.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karriere bis 1990[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schoigu, Sohn des tuwinischen Journalisten und Politikers Kuschuget Schoigu (1921–2010)[1] und einer russischen Mutter,[2] ist von Beruf Bauingenieur. Seine ältere Schwester Larissa Schoigu (1953–2021) war von 2007 bis zu ihrem Tod Abgeordnete für Einiges Russland der russischen Duma.[1] Nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1977 arbeitete er zunächst in diesem Beruf, von 1988 bis 1989 war er Funktionär der KPdSU in Abakan, von 1989 bis 1990 Inspektor des KPdSU-Bezirkskomitees von Krasnojarsk. 1990 wurde er nach Moskau berufen, wo er stellvertretender Leiter des staatlichen Komitees für Architektur und Baufragen der Russischen Föderation wurde.

Leitungsfunktionen im Zivilschutz 1991–2012[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Mai 1991 wurde er zum Leiter des Zivilschutzkorps, das im November desselben Jahres in „Staatliches Komitee für Notstandssituationen“ umbenannt wurde. Am 31. Januar 1994 wurde Schoigu Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates und am 20. November desselben Jahres Minister für Zivilverteidigung, Notstandssituationen und die Beseitigung der Folgen von Naturkatastrophen. Im Jahr 1999 erhielt er für seine Tätigkeit die höchste staatliche Auszeichnung Held der Russischen Föderation und wurde zum Generaloberst befördert.

Im Mai 2003 wurde Schoigu zum Armeegeneral befördert. Ebenfalls 2003 trat er öffentlich für die Einführung einer Wahlpflicht ein. Er sprach sich dafür aus, denjenigen die russische Staatsbürgerschaft zu entziehen, die sich dreimal hintereinander nicht an den Wahlen beteiligen. Bürgerrechtler forderten daraufhin seine Ablösung als Minister für Zivilschutz.[3]

Parteifunktionär und Gouverneur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 1999 gehörte er zu den Begründern der Partei Jedinstwo (Einheit), die bei den Parlamentswahlen von 1999 auf 23 Prozent der Stimmen kam und die Wahl von Wladimir Putin zum Präsidenten unterstützte. Sie ging im Dezember 2001 in der neuen Partei Einiges Russland auf.

Am 4. April 2012 wurde Schoigu von der Partei „Einiges Russland“ für den Posten des Gouverneurs in der Oblast Moskau vorgeschlagen. Am 5. April 2012 wurde er von der Duma der Oblast Moskau einstimmig zum neuen Gouverneur gewählt. Dieses Amt trat Schoigu am 11. Mai 2012 offiziell an und löste seinen Vorgänger, Boris Gromow, der aus Altersgründen nicht mehr antrat, ab. Damit endete auch seine Amtszeit als Zivilschutzminister.

Verteidigungsminister 2012 bis 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schoigu nimmt die Siegesparade zum 9. Mai ab, 2014
Schoigu (links) mit Michail Misinzew (Mitte), 2014
Schoigu besucht das Grab Richard Sorges in Tokio, 2019

Am 6. November 2012 wurde Schoigu zum russischen Verteidigungsminister ernannt, nachdem Präsident Wladimir Putin den bisherigen Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow wegen eines Immobilienskandals entlassen hatte.[4] Seither ist er auch Vorsitzender des Rates der Verteidigungsminister der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.

Auf Schoigus Initiative hin wurde im Jahr 2016 die Jugendorganisation Junarmija (Jugendarmee) per Präsidentenerlass gegründet.[5][6] In Schoigus Amtszeit als Verteidigungsminister fallen sowohl die militärische Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine und die Annexion der Krim 2014 als auch das Eingreifen Russlands in den syrischen Bürgerkrieg auf Seiten des Assad-Regimes. Wegen der Intervention zugunsten der Separatisten im Donbass eröffnete die Ukraine 2014 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn. Am 24. Februar 2022 begann unter Schoigus Führung der völkerrechtswidrige russische Überfall auf die Ukraine. Ab dem 11. März trat er nicht mehr öffentlich in Erscheinung.[7] Bei einer Video-Sitzung des Sicherheitsrates der Russischen Föderation vom 24. März war er zu sehen, wobei z. T. davon ausgegangen wurde, dass es sich um eine Bildmontage handelte.[8] Noch am selben Tag dementierte der Kreml Spekulationen über eine mögliche Abwesenheit Schoigus mitten im Krieg gegen die Ukraine mit der Bemerkung, der Verteidigungsminister habe „im Moment viel zu tun“.[9] Ursache seiner Abwesenheit soll nach anderen Quellen ein Herzinfarkt gewesen sein.[10] Das Verteidigungsministerium veröffentlichte am 26. März 2022 ein Video, in dem Schoigu auch erstmals wieder zu hören war.[11] Unter Schoigus direkter Verantwortung als Verteidigungsminister begingen russische Streitkräfte zahlreiche, teils systematisch organisierte Kriegsverbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung und an ukrainischen Militärangehörigen beim russischen Überfall auf die Ukraine ab 24. Februar 2022), zum Beispiel das Massaker von Butscha.

Als russischer Verteidigungsminister hatte Sergei Schoigu zwölf Stellvertreter,[12] von denen einer – Timur Iwanow – im April 2024 wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet wurde.

Am 12. Mai 2024 wurde Schoigu von Wladimir Putin durch den bisherigen Vize-Regierungschef Andrei Beloussow im Rahmen der Neukonstituierung der Regierung nach der Präsidentschaftswahl im März 2024 ersetzt und erhielt daraufhin das Amt des Sekretärs (Chefs) des Nationalen Sicherheitsrates.[13][14]

Schoigus Söldnertruppe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende Dezember 2022 wurde in deutschsprachigen Medien darüber berichtet, dass Schoigu ähnlich der Gruppe Wagner eine eigene Söldnertruppe unterhalte und im Krieg gegen die Ukraine einsetze.[15][16][17][18] Am 21. Februar 2023 folgten Medienberichte darüber, dass Wagner-Chef Prigoschin Schoigu Verrat vorwerfe, da seine Söldner Russland um Munition[19] im Ukraine-Krieg anbetteln müssten und keine Luftunterstützung erhalten würden.[20][21][22][23] Gleichzeitig zum Streit zwischen Prigoschin und Schoigu lobte Ramsan Kadyrow die Gruppe Wagner und kündigte an, selbst eine Söldnertruppe gründen zu wollen.[24][25]

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schoigu war verheiratet und Vater zweier Töchter (* 1977 und 1991). Die jüngere Tochter Xenija wurde im Dezember 2020 zur Präsidentin des Russischen Triathlon-Verbandes gewählt.[26] 2021 verkaufte sie laut The Daily Beast ihr IT-Start-up-Unternehmen Sistema SmartTech. Das erst knapp ein Jahr zuvor gegründete Unternehmen soll nach Angaben von The Daily Beast 2020 mehr als 3 Millionen US-Dollar erwirtschaftet haben.[27] Schoigu besitzt angeblich ein Luxusanwesen im Nobelvorort Rubljowka bei Moskau.[28]

Schoigu soll eine außereheliche Beziehung zu der ehemaligen Flugbegleiterin Elena Schebunowa gehabt haben. Dies geht aus Recherchen eines Teams um den im Februar 2024 in einem Straflager verstorbenen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny hervor.[29] Aus dieser seit den frühen 2000er Jahren bestehenden Beziehung sollen drei Kinder hervorgegangen sein. Eines davon soll der am 6. März 2001 geborene Sänger Sheba (bürgerlich Danila Sergejewitsch Schebunow) sein.[30] Nawalnys Team kritisierte, dass während „[…] die Altersgenossen von Schoigus Sohn in die Ukraine geschickt würden, um Menschen ‚abzuschlachten‘, bade dieser im Meer, schmeiße Partys und lebe ‚sein bestes Leben‘“.[31]

Sanktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 23. Februar 2022 setzte die Europäische Union Schoigu auf eine Sanktionsliste.[32] Am 25. Februar 2022 setzte die US-Regierung Schoigu auf eine Sanktionsliste.[33]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sergei Kuschugetowitsch Schoigu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Шойгу Сергей Кужугетович. In: Rossiskaja Gaseta. Archiviert vom Original am 11. November 2012; (russisch).
  • Биография Сергей Шойгу. In: peoples.ru. 9. Februar 2003; (russisch).
  • Sergei Kuschugetowitsch Schoigu – Biografie. In: optolov.ru. (deutsch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Larisa Shoigu, lawmaker and sister of Russia’s defense minister, passes away aged 68. In: TASS. 10. Juni 2021, abgerufen am 13. Mai 2024.
  2. Sergej Korsun (Сергей Корзун): Сергей Шойгу. In: ЭХО-Москвы-Sendung „Без дураков“. 23. April 2008, archiviert vom Original am 30. April 2008; abgerufen am 24. März 2022 (russisch, Interview mit Schoigu).
  3. Sergej Kuschugetowitsch Schoigu. In: Russland-Aktuell. 21. November 2012, archiviert vom Original am 3. November 2018; abgerufen am 24. März 2022.
  4. Daniel Wechlin: Ein Krisenmanager für die Armeereform. In: nzz.ch. 6. November 2012, abgerufen am 24. März 2022.
  5. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 1. April 2018, S. 6.
  6. Как «Моторола» победил Марата Казея. 28. Oktober 2016, abgerufen am 4. April 2022.
  7. Seit zwölf Tagen kein öffentlicher Auftritt: Wo ist Putins Verteidigungsminister Schoigu? In: rnd.de. 23. März 2022, abgerufen am 24. März 2022.
    Roman Petrenko (Роман Петренко): Defence Minister Sergei Shoigu’s disappearance is reported In Russia. In: Ukrajinska Prawda. 23. März 2022, abgerufen am 25. März 2022 (englisch).
  8. Alena Masurenko (Алена Мазуренко): Шойгу не было на заседании СБ РФ – его просто вмонтировали – РосСМИ. In: Ukrajinska Prawda. 24. März 2022, abgerufen am 25. März 2022 (russisch).
  9. „Schoigu hat viel zu tun“: Nach Spekulationen um Verteidigungsminister: Kreml dementiert Abwesenheit von Schoigu. In: n-tv.de. 24. März 2022, abgerufen am 24. März 2022.
    Rune Weichert: Verteidigungsminister Schoigu seit zwei Wochen nicht gesehen – Kreml: „Hat viel zu tun“. In: stern.de. 24. März 2022, abgerufen am 25. März 2022.
  10. Russian defense minister reappears after suddenly disappearing on March 11. In: jpost.com. 26. März 2022, abgerufen am 26. März 2022 (englisch).
  11. https://www.reuters.com/world/europe/russian-defence-minister-seen-speaking-army-meeting-after-long-public-silence-2022-03-26/
  12. Russland tauscht Vize-Verteidigungsminister aus. In: tagesschau.de. 30. April 2023, abgerufen am 30. April 2023.
  13. Sven Crefeld: Russland: Wladimir Putin entlässt Verteidigungsminister Sergej Schoigu. In: Die Zeit. 12. Mai 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 12. Mai 2024]).
  14. Christina Hebel: (S+) Russland: Ökonom Andrej Beloussow soll Wladimir Putins Krieg effektiver machen. In: Der Spiegel. 13. Mai 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Mai 2024]).
  15. Konkurrenz zur Gruppe Wagner Ukraine: Schoigu sendet eigene Söldner an die Front. N-tv, 28. Dezember 2022.
  16. Konkurrenten der Gruppe Wagner – Russischer Verteidigungsminister schickt offenbar eigene Söldner an die Front. RND Redaktionsnetzwerk Deutschland, 29. Dezember 2022.
  17. Nun schickt auch Russlands Verteidigungsminister Schoigu seine eigenen Söldner los. Watson (Nachrichtenportal), 29. Dezember 2022.
  18. Konkurrenz zur Gruppe „Wagner“ – Schoigu schickt offenbar eigene Söldner an die Front. T-online, 29. Dezember 2022.
  19. Wagner-Gründer: Russland verweigert seinen eigenen Söldnern Munition. Berliner Zeitung, 20. Februar 2023.
  20. Söldner-Chef Prigoschin wirft Verteidigungsminister Schoigu Verrat vor. Deutschlandfunk, 21. Februar 2023.
  21. Keine Munition und keine Luftunterstützung – Chef der Söldnergruppe Wagner wirft russischer Militärführung Verrat vor. RND Redaktionsnetzwerk Deutschland, 21. Februar 2023.
  22. Machtkampf Wagner-Chef legt sich mit Minister an. Österreichischer Rundfunk, 21. Februar 2023.
  23. Putin lässt seinen Koch fallen: Wagner-Söldner müssen Russland um Munition im Ukraine-Krieg anbetteln. Münchner Merkur, 21. Februar 2023.
  24. Lob für Wagner-Gruppe: „Putins Bluthund“ Kadyrow plant eine eigene Söldnertruppe. Der Tagesspiegel, 20. Februar 2023.
  25. Chechnya’s Kadyrov plans mercenary group, praises Wagner. Deutsche Welle, 19. Februar 2023.
  26. Liam Morgan: Russian Triathlon Federation elects President to replace new RusAF head. In: Inside the Games. 5. Dezember 2020, abgerufen am 24. März 2022 (englisch).
  27. Jan Lucas Frenger: Russland: Putins Töchter – das glamouröse Leben der Kreml-Kinder. Frankfurter Rundschau, 1. Juni 2021, abgerufen am 24. April 2022.
  28. Ivo Mijnssen: Das Millionenschloss des bescheidenen Herrn Schoigu. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Oktober 2015, abgerufen am 24. November 2022.
  29. Mathias Brüggmann: Unerhörter Luxus, Korruption – So lebt Putins Militärelite. In: handelsblatt.com. 23. Januar 2023, abgerufen am 1. November 2023.
  30. Sergei Ezhov: Special-purpose stewardess. How Shoigu's mistress made billions on government contracts. In: theins.ru. 31. Juli 2019, abgerufen am 1. November 2023 (englisch).
  31. Judith Goetsch: Sohn von Putin-Minister Schoigu: Team Nawalny deckt Identität von Sänger auf. In: merkur.de. 10. Juni 2023, abgerufen am 1. November 2023.
  32. Durchführungsverordnung (EU) 2022/260 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, abgerufen am 24. März 2022. In: Amtsblatt der Europäischen Union. L, Nr. 42I, 23. März 2022.
    Beschluss (GASP) 2022/265 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, abgerufen am 24. März 2022. In: Amtsblatt der Europäischen Union. L, Nr. 42I, 23. März 2022.
  33. Russia-related Designations: Specially Designated Nationals List Update: The following individuals have been added to OFAC’s SDN List. In: Treasury.gov. 25. Februar 2022, abgerufen am 24. März 2022 (englisch).