Ruhrkessel

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Ruhrkessel
Teil von: Westfront, Zweiter Weltkrieg

Amerikanischer Soldat bewacht die deutschen Gefangenen
Datum 1. bis 21. April 1945
Ort Rheinland und Westfalen
Ausgang Alliierte Besetzung
Konfliktparteien

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten

Befehlshaber

Generalfeldmarschall Walter Model
(Befehlshaber der Heeresgruppe B und der ihr angeschlossenen Verbände)
Gauleiter Albert Hoffmann
(ab 24. März 1945 Reichsverteidigungs­kommissar-West, Befehlshaber des Volkssturms und des Freikorps Sauerland)

LtGen Courtney H. Hodges (1. US-Armee)
LtGen William H. Simpson (9. US-Armee)

Truppenstärke

über 300.000 Soldaten

ca. 250.000 Soldaten

Verluste

ca. 10.000 Tote (einschließlich Zivilpersonen); ca. 325.000 Gefangene

ca. 1.500 Tote

Als Ruhrkessel wird eine Kesselschlacht bezeichnet, die im April 1945 im Rheinland und Westfalen stattfand. Es war neben dem Kessel von Halbe und der Schlacht um Berlin die letzte große Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf dem europäischen Kriegsschauplatz. In Erinnerung an den bei Paderborn gefallenen Kommandeur der 3. US-Panzerdivision „Spearhead“, General Maurice Rose, trägt die Schlacht vor allem in den USA auch den Beinamen „Rose Pocket“ (sonst: „Ruhr Pocket“).

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der alliierten Rhein-Überquerung am 23. und 24. März 1945 (Operation Plunder) stießen britische und kanadische Truppen nördlich des Ruhrgebiets weiter in das deutsche Hinterland vor. Am 1. April trafen sie bei Lippstadt mit den südlich aus dem Brückenkopf von Remagen operierenden US-Truppen zusammen. Damit waren über 300.000 Soldaten der Heeresgruppe B, Reste von etwa 21 Divisionen und Millionen von Zivilisten in einem durch vorausgegangene Bombenangriffe teils völlig zerstörten Gebiet eingeschlossen. Die südliche Front des Kessels bildete die Sieg, im Westen war der Rhein die natürliche Grenze.

Eingekesselte Verbände der Heeresgruppe B[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

15. Armee General der Infanterie Gustav-Adolf von Zangen, Chef des Stabes Oberst i. G. Walter Reinhard

LXXIV. Armeekorps, General der Infanterie Carl Püchler

LXXXI. Armeekorps, General Friedrich Köchling

5. Panzerarmee Generaloberst Josef Harpe, Chef des Stabes: Oberst Wolf von Kahlden

XII. SS-Armeekorps, Generalleutnant Eduard Crasemann

LVIII. Panzerkorps, General der Panzertruppe Walter Krueger

LXXX. Armeekorps, General der Infanterie Franz Beyer

Armeeabteilung von Lüttwitz Stabschef: Oberstleutnant Graf von Bernstorff

XXXXVII. Panzerkorps, General der Panzertruppe Heinrich von Lüttwitz

LXIII. Armeekorps, General der Infanterie Erich Abraham

LIII. Armeekorps, Generalleutnant Fritz Bayerlein

Befehlslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbände der Wehrmacht standen unter dem Oberbefehl von Generalfeldmarschall Walter Model. Die Zivilbehörden, paramilitärischen Einheiten der NSDAP und der Volkssturm (einschließlich Freikorps Sauerland) waren nach dem 24. März 1945 (alliierter Rheinübergang) dem Gauleiter Albert Hoffmann als leitendem Reichsverteidigungskommissar-West unterstellt.

Die US-Truppen wurden im Süden und Norden des Ruhrgebiets von zwei Befehlshabern kommandiert: Lieutenant General Courtney H. Hodges (1. US-Armee) und Lieutenant General William H. Simpson (9. US-Armee).

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verlauf der Operation
Ruhrkessel in einer Kartendarstellung der Nachrichten für die Truppe vom 9. April 1945 (Zeitung der alliierten Propaganda)

Während Stoßkeile der Alliierten bereits nach Nord- und Mitteldeutschland vorrückten, drängten US-Truppen den Ruhrkessel bis auf wenige Kilometer zusammen. Am 12. April begann eine Operation zur Teilung des Kampfgebiets: Von Süden her stieß die 86. US-Infanteriedivision in einer schnellen Operation durch das Sauerland in Richtung Hagen vor, so dass der Kessel in zwei Teile gespalten wurde.

Der kleinere östliche Teil, darunter auch eine schwere Panzerjägerkompanie mit Jagdtigern, ergab sich darauf am 15. April im Raum Iserlohn. Der Kommandierende General des LIII. Armeekorps, Generalleutnant Fritz Bayerlein, kapitulierte bei Menden im Sauerland. In einigen Städten, z. B. Hohenlimburg und Hagen, wurde jedoch stellenweise noch bis zum 17. April gekämpft.

Der westliche Teilkessel im Bergischen Land und bei Düsseldorf und Duisburg leistete zum Teil noch bis zum 21. April Widerstand. Generalfeldmarschall Model, der bis zuletzt den Befehlen Adolf Hitlers folgte, beging am 21. April in einem Ratinger Waldgebiet südlich von Duisburg Selbstmord. Der im südöstlichen Raum um Schmallenberg befehlsführende General der Infanterie Joachim von Kortzfleisch fiel am 20. April in Wulwesort.

Zuvor konnte eine Gruppe um Aloys Odenthal am 16. April in Düsseldorf den Polizeipräsidenten festnehmen und mit US-Truppen Verbindung aufnehmen. SS-Einheiten und Gauleiter Friedrich Karl Florian schlugen diese Aktion bürgerlichen Widerstands, genannt Aktion Rheinland, jedoch blutig nieder; noch in der Nacht vor dem Einmarsch der US-Truppen wurde eine Anzahl Beteiligter nach Standgerichten erschossen.

Ab Februar 1945 und vor allem während der Kämpfe im Ruhrkessel ermordete die Gestapo in Dortmund (Mahnmal Bittermark), Hagen, Bochum, Warstein, Solingen und anderen Orten Hunderte ausländische Zwangsarbeiter, deutsche Regimegegner, Deserteure und Justizgefangene. Über diese Kriegsendphasenverbrechen der Gestapo waren Generalfeldmarschall Model und der Reichsverteidigungskommissar Albert Hoffmann informiert. Am 7. April hatte Model einen Befehl herausgegeben, der Häftlinge in Strafanstalten und in Untersuchungsgefängnissen zur „Überprüfung“ der Gestapo überantwortete.

Verluste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die US-amerikanischen Verluste bei der Eroberung des Ruhrkessels betrugen rund 1.500 Gefallene. Etwa 10.000 deutsche Soldaten, Angehörige des Volkssturms und der Waffen-SS sowie Zivilisten, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter kamen bei den Kämpfen ab Ende März 1945 ums Leben. Um einer formellen Kapitulation zu entgehen, stellte Generalfeldmarschall Model den deutschen Soldaten Entlassungspapiere aus.[2] Die Soldaten des Ruhrkessels wurden als Disarmed Enemy Forces und mit ihnen auch viele Uniformträger ziviler Behörden in die Rheinwiesenlager verbracht. Es handelte sich um die Angehörigen der 15. Armee und der 5. Panzerarmee, bestehend aus den Resten von 19 Divisionen mit rund 300.000 Soldaten. In diesen Lagern lebten die Gefangenen unter freiem Himmel.

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Ruhrkesselschlacht 1945 (100 Min.) Film der Delta-Productions (Gunther Dudda) in Schmallenberg.
  • Kriegsende an Rhein, Ruhr und Weser. Dreiteilige TV-Produktion des WDR (2005, wiederholt im WDR 18.–20. Dezember 2006).
  • Der Feuersturm am Rhein. DVD der Chronos Film GmbH.
  • Als die Amerikaner kamen. US-Filmaufnahmen vom Kriegsende 1945 in Westfalen. [1], DVD mit Begleitheft des [LWL-Medienzentrum für Westfalen], 2015.
  • Originalsequenzen der Filme sind in den National Archives in Washington, D.C. frei erhältlich.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Blank, Ralf: Die Kriegsendphase an Rhein und Ruhr 1944/1945. In: Bernd-A. Rusinek (Hrsg.); Kriegsende 1945. Verbrechen, Katastrophen, Befreiungen in nationaler und internationaler Perspektive. Göttingen 2004 [= Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte 4].
  • Blank, Ralf: Kriegsendphase und „Heimatfront“ in Westfalen. In: Westfälische Forschungen 55 (2005), S. 361–421.
  • Euler, Helmut: Entscheidungsschlacht an Rhein und Ruhr 1945. Stuttgart 1980.
  • Henke, Klaus-Dietmar: Die amerikanische Besetzung Deutschlands. München 1995.
  • Hudel, Helmut: Einsätze und Kämpfe der Panzer-Lehr-Division an der Sieg und in den Räumen Winterberg, Schmallenberg bis Werdohl-Altena 1945. Militärgeschichtliches Forschungsamt Freiburg, Foreign Military Studies (MS), MS-B-850, 1948.
  • Huyskens, Albert: Der Kreis Meschede unter der Feuerwalze des Zweiten Weltkrieges. Bielefeld, 1949.
  • Köster, Markus: Westfalen 1945 im Fokus der Amerikaner. US-Filmaufnahmen vom Ende des Zweiten Weltkriegs, in: Westfälische Forschungen 65 (2015), S. 423–447.
  • Mues, Willi: Der große Kessel. Eine Dokumentation über das Ende des Zweiten Weltkrieges zwischen Lippe und Ruhr/Sieg und Lenne. Erwitte 1984.
  • Schäfer, Ralf Anton: Das Kriegsende in der Heimat. Selbstverlag 2011, Betzdorf; Eine Darstellung zu den Kämpfen während des Ausbruches der amerikanischen 1. Armee aus dem Remagener Brückenkopf und den daraus entstandenen Kämpfen entlang der Südfront des damaligen Ruhrkessels.
  • Scherer, Wingolf: Vergeblicher Widerstand, Das Ende der Heeresgruppe B zwischen Rhein, Ruhr und Sieg – Tod des Feldmarschalls Walter Model März/April 1945. Helios Verlag, 2007, ISBN 978-3-938208-50-2.
  • Schneider, Peter: Spione am Himmel, Alliierte Luftbildaufklärung im Raum Wittgenstein während und nach dem Zweiten Weltkrieg.ISBN 3-87816-092-5, Erndtebrück 1996.
  • Spayd, P.A. / Wilkins, Gary: Bayerlein: After Action Reports of the Panzer Lehr Division Commander from D-Day to the Ruhr. Atglen 2005.
  • Timm, Willy: Freikorps „Sauerland“. Südwestfalens letztes Aufgebot 1944/45. Unna 1993.
  • Wagner, Carl: Das Ende der Heeresgruppe B im Ruhrkessel, 22. März bis 17. April 1945, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 7 (1957), S. 534–564.
  • Whiting, Charles: Die Schlacht um den Ruhrkessel. Moewing-Verlag, 1981.
  • Whiting, Charles: ’45: Das Ende an Rhein und Ruhr. Letzte Kämpfe zwischen Köln, Duisburg, Dortmund, Paderborn und Siegen. Aachen 2005 (Helios-Verlag), ISBN 3-938208-13-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Samuel W. Mitcham: Panzer Commanders of the Western Front, Stackpole Books, Mechanicsburg 2008, S. 120 f. und 185 f.
  2. Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1995, ISBN 3-486-56175-8, S. 402 f.