Pseudomonas aeruginosa

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Pseudomonas aeruginosa

Pseudomonas aeruginosa

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Klasse: Gammaproteobacteria
Ordnung: Pseudomonadales
Familie: Pseudomonadaceae
Gattung: Pseudomonas
Art: Pseudomonas aeruginosa
Wissenschaftlicher Name
Pseudomonas aeruginosa
Migula 1900

Pseudomonas aeruginosa (von lateinisch aerugoGrünspan‘) ist ein gramnegatives, oxidasepositives Stäbchenbakterium der Gattung Pseudomonas. Es wurde zuerst durch den französischen Pharmazeuten Carle Gessard im Jahre 1882 beschrieben. Dieser isolierte das Bakterium von Wunden aus welchen blau-grüner Eiter austrat[1]. Die Namensgebung bezieht sich dabei auf die blau-grüne Färbung des Eiters bei eitrigen Infektionskrankheiten.

P. aeruginosa ist ein wichtiger Krankenhauskeim, der gegen mehrere Antibiotika resistent ist. Durch die steigende Antibiotika Resistenz befindet sich P. aeruginosa auf der "WHO priority list for antibiotic resistant bacteria" welche Krankheitserreger listet gegen die mit besonderem Aufwand nach neuen Behandlungsmethoden geforscht werden sollte[2].

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bakterium ist ein weitverbreiteter Boden- und Wasserkeim (Nasskeim), der in feuchten Milieus vorkommt (neben feuchten Böden und Oberflächengewässern auch in Leitungswasser, Waschbecken, Duschen, Schwimmbecken[3], Toiletten, Spülmaschinen, Dialysegeräten, Medikamenten und Desinfektionsmitteln). In der Hygiene gilt es daher als bedeutender Krankenhauskeim (nosokomialer Keim). Aber auch als Lebensmittelverderber spielt es eine erhebliche Rolle, was Isolate aus Pflanzen, Früchten, Lebensmitteln und dem Darmtrakt von Mensch und Tier belegen. Es kann selbst in destilliertem Wasser oder einigen Desinfektionsmitteln überleben und wachsen, wenn kleinste Spuren organischer Substanzen vorhanden sind. Die Bakterien sind auch an der sogenannten Dieselpest beteiligt. In verfahrenstechnischen Apparaten kann Pseudomonas aeruginosa aufgrund von Biofilm- und Schleimbildung unter anderem zum Verstopfen von Rohrleitungen und zur Werkstoffschädigung führen.[4]

Aussehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Stäbchen kann 2–4 µm groß werden und besitzt büschelige lophotriche Flagellen. Haftfimbrien ermöglichen es dem Bakterium, sich an Oberflächen festzusetzen. Auf der äußeren Zellmembran ist ein Exopolysaccharid (Alginat) wie eine Kapsel aufgelagert. Es schützt vor Phagozyten und Antikörpern und wirkt dem Transport aus dem Respirationstrakt entgegen.

Stoffwechsel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

P. aeruginosa mit gelbgrünem Pyocyaninpigment auf Cetrimidagar
P. aeruginosa mit fluoreszierenden Pigment unter UV-Licht auf Cetrimidagar

Der Nonfermenter P. aeruginosa ist unter anaeroben Bedingungen in der Lage, Fermentation zu betreiben. Es werden Pyruvat oder Arginin fermentiert.[5][6] Als wichtiger Denitrifizierer ist es ebenfalls in der Lage, unter anaeroben Bedingungen und dem Zugang zu Stickoxiden diese als terminale Elektronenakzeptoren in der anaeroben Atmung zu nutzen. Die Fähigkeit zur Denitrifikation und die Eigenschaft, Biofilme zu bilden, sind für P. aeruginosa wichtige Virulenzfaktoren (siehe Mukoviszidose).[7] In verschiedenen Nährmedien (z. B. Cetrimid-Agar) setzt es Farbstoffe wie Pyocyanin, Pyoverdin, Pyorubin und Pyomelanin frei. Meist ist es auf Agar „metallisch-grün“ glänzend. Charakteristisch ist dabei ein als „lindenblüten-“ oder "traubenartig" beschriebener süßlicher Geruch („Gummibärchengeruch“), der auf die Produktion von 2-Aminoacetophenon (2-AA) zurückzuführen ist. Unter anderem wegen seiner Flüchtigkeit ist 2-AA ein potentieller, für P. aeruginosa selektiver Biomarker im Zusammenhang einer Infektion bei Mukoviszidosepatienten.[8] Außerdem scheint es Fliegen anzulocken und die Besiedlung ihres Darms zu unterstützen, ohne jedoch dabei deren Sterblichkeit zu erhöhen, wodurch es die Verbreitung von P. aeruginosa erleichtert.[9]

Neuere Forschungsergebnisse zeigen auf, dass P. aeruginosa mit Hilfe des eigenen Verdauungsenzyms SdsA sogar Natriumlaurylsulfat (SDS) verstoffwechseln kann. Dadurch ist das Bakterium in der Lage, auch dort zu überleben, wo andere Bakterien aufgrund der hohen SDS-Konzentration abgetötet werden, beispielsweise in Shampoos.[10]

P. aeruginosa produziert unter limitierenden Wachstumsbedingungen (z. B. Stickstoff-, Phosphat- oder Eisenlimitierung) auf Ölen (z. B. Sonnenblumenöl) aus nachwachsenden Rohstoffen sog. Rhamnolipide. Diese Biotenside werden teilweise schon im Produktionsmaßstab hergestellt und in Waschmitteln oder Kosmetika eingesetzt. Vermutlich geben die Zellen die Rhamnolipide in das sie umgebende Medium ab, um das Öl zu emulgieren und mittels Lipasen an den Wasser/Öl-Grenzflächen das Öl in Fettsäuren und Glycerid zu spalten. Die Rhamnolipidsynthese ist durch Quorum sensing reguliert, hängt also von der Zelldichte im Medium ab. Zuständig hierfür sind das Las- und Rhl-regulierte Quorum sensing.[11]

Genom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 2000 wurde erstmals das vollständige Genom des Stammes PAO1 sequenziert. Das Genom hat eine Größe von 6,3 Mbp und enthält 5570 Gene.[12] Das Genom von P. aeruginosa enthält eine Vielzahl von Transkriptionsfaktoren und Regulatoren, welche es dem Bakterium ermöglichen sich auf verschiedenste äußere Einflüsse anzupassen. Studien, welche das Genom von verschiedenen P. aeruginosa Stämmen analysierten, fanden ein Pseudomonas pan-Genom welches 54272 Gene umfasst. 665 "essenzielle Gene" 25420 "flexible Gene" und 27187 "einzigartige Gene". Durch horizontalen Gentransfer ist P. aeruginosa in der Lage neues genomisches Material zu akquirieren und dadurch neue Resistenzen zu erhalten. Darüber hinaus wurden in einigen P. aeruginosa Genomen "Prophagen" gefunden[13].

Pathogenität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gramfärbung von P. aeruginosa

Das Bakterium ist ein Krankenhauskeim, der durch seinen Stoffwechsel und seine Zellmembranstruktur Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika aufweist.[14] Mit ca. 10 % aller Krankenhausinfektionen gehört P. aeruginosa zu den in Deutschland am häufigsten auftretenden Krankenhauskeimen.[15]

Das Spektrum an Krankheiten, welche durch diese Bakterien verursacht werden, ist umfangreich. Das häufigste Erscheinungsbild sind Pneumonien bei zystischer Fibrose und Patienten mit "Chronischer obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), die vor allem bei immunsupprimierten und AIDS-Patienten besonders schwerwiegend sind[16]. Harnwegsinfekte, Enterokolitis, Meningitis, Otitis externa („swimmer’s ear“) oder Infektionen auf Brandwunden können ebenfalls ausgelöst werden.

Auslöser dafür sind zum einen die Fähigkeit des Bakteriums zur Hämolyse und zum anderen Pathogenitätsfaktoren wie das Exotoxin A (ADP-Ribosyltransferase) sowie die Cytotoxine Exoenzym S und Exoenzym U, die das Bakterium produziert.

Veterinärmedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Folgenden werden die häufigsten tiermedizinischen Befunde aufgelistet:

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen der Gefahr von Resistenzentwicklungen sollte keine Monotherapie, sondern (möglichst nach Antibiogramm) immer eine Kombinationstherapie durchgeführt werden.[18] Natürliche Resistenzen bestehen gegenüber Ampicillin + Sulbactam, Amoxicillin + Clavulansäure, den meisten Cephalosporinen (insbesondere allen der ersten und zweiten Generation), Ertapenem, Chloramphenicol, Trimethoprim, Tetracyclinen und Tigecyclin[19].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Pseudomonas aeruginosa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Philip D. Lister, Daniel J. Wolter, Nancy D. Hanson: Antibacterial-Resistant Pseudomonas aeruginosa : Clinical Impact and Complex Regulation of Chromosomally Encoded Resistance Mechanisms. In: Clinical Microbiology Reviews. Band 22, Nr. 4, Oktober 2009, ISSN 0893-8512, S. 582–610, doi:10.1128/CMR.00040-09, PMID 19822890, PMC 2772362 (freier Volltext) – (asm.org [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  2. Evelina Tacconelli, Elena Carrara, Alessia Savoldi, Stephan Harbarth, Marc Mendelson, Dominique L Monnet, Céline Pulcini, Gunnar Kahlmeter, Jan Kluytmans, Yehuda Carmeli, Marc Ouellette, Kevin Outterson, Jean Patel, Marco Cavaleri, Edward M Cox, Chris R Houchens, M Lindsay Grayson, Paul Hansen, Nalini Singh, Ursula Theuretzbacher, Nicola Magrini, Aaron Oladipo Aboderin, Seif Salem Al-Abri, Nordiah Awang Jalil, Nur Benzonana, Sanjay Bhattacharya, Adrian John Brink, Francesco Robert Burkert, Otto Cars, Giuseppe Cornaglia, Oliver James Dyar, Alex W Friedrich, Ana C Gales, Sumanth Gandra, Christian Georg Giske, Debra A Goff, Herman Goossens, Thomas Gottlieb, Manuel Guzman Blanco, Waleria Hryniewicz, Deepthi Kattula, Timothy Jinks, Souha S Kanj, Lawrence Kerr, Marie-Paule Kieny, Yang Soo Kim, Roman S Kozlov, Jaime Labarca, Ramanan Laxminarayan, Karin Leder, Leonard Leibovici, Gabriel Levy-Hara, Jasper Littman, Surbhi Malhotra-Kumar, Vikas Manchanda, Lorenzo Moja, Babacar Ndoye, Angelo Pan, David L Paterson, Mical Paul, Haibo Qiu, Pilar Ramon-Pardo, Jesús Rodríguez-Baño, Maurizio Sanguinetti, Sharmila Sengupta, Mike Sharland, Massinissa Si-Mehand, Lynn L Silver, Wonkeung Song, Martin Steinbakk, Jens Thomsen, Guy E Thwaites, Jos WM van der Meer, Nguyen Van Kinh, Silvio Vega, Maria Virginia Villegas, Agnes Wechsler-Fördös, Heiman Frank Louis Wertheim, Evelyn Wesangula, Neil Woodford, Fidan O Yilmaz, Anna Zorzet: Discovery, research, and development of new antibiotics: the WHO priority list of antibiotic-resistant bacteria and tuberculosis. In: The Lancet Infectious Diseases. Band 18, Nr. 3, März 2018, S. 318–327, doi:10.1016/S1473-3099(17)30753-3 (elsevier.com [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  3. Hygieneanforderungen an Bäder und deren Überwachung, Empfehlung des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsblatt 2014 Bl. 258, 260f (PDF) auch zur Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes
  4. VDI 3679 Blatt 1:2014-07 Nassabscheider; Grundlagen, Abgasreinigung von partikelförmigen Stoffen (Wet separators; Fundamentals, waste gas cleaning of particle collections). Beuth Verlag, Berlin. S. 48.
  5. Martin Eschbach, Kerstin Schreiber, Katharina Trunk, Jan Buer, Dieter Jahn: Long-Term Anaerobic Survival of the Opportunistic Pathogen Pseudomonas aeruginosa via Pyruvate Fermentation. In: Journal of Bacteriology. Band 186, Nr. 14, Juli 2004, ISSN 0021-9193, S. 4596–4604, doi:10.1128/JB.186.14.4596-4604.2004, PMID 15231792, PMC 438635 (freier Volltext).
  6. C Vander Wauven, A Piérard, M Kley-Raymann, D Haas: Pseudomonas aeruginosa mutants affected in anaerobic growth on arginine: evidence for a four-gene cluster encoding the arginine deiminase pathway. In: Journal of Bacteriology. Band 160, Nr. 3, Dezember 1984, ISSN 0021-9193, S. 928–934, PMID 6438064, PMC 215798 (freier Volltext).
  7. J. B. Lyczak, C. L. Cannon, G. B. Pier: Establishment of Pseudomonas aeruginosa infection: lessons from a versatile opportunist. In: Microbes and Infection. Band 2, Nr. 9, Juli 2000, ISSN 1286-4579, S. 1051–1060, PMID 10967285.
  8. Amy J Scott-Thomas, Mona Syhre, Philip K Pattemore, Michael Epton, Richard Laing: 2-Aminoacetophenone as a potential breath biomarker for Pseudomonas aeruginosa in the cystic fibrosis lung. In: BMC Pulmonary Medicine. Band 10, Nr. 1, Dezember 2010, ISSN 1471-2466, S. 56, doi:10.1186/1471-2466-10-56, PMID 21054900, PMC 2989937 (freier Volltext).
  9. Stefania-Elisavet Kapsetaki, Ilias Tzelepis, Kalodoti Avgousti, Ioannis Livadaras, Nikos Garantonakis: The bacterial metabolite 2-aminoacetophenone promotes association of pathogenic bacteria with flies. In: Nature Communications. Band 5, Nr. 1, Dezember 2014, ISSN 2041-1723, S. 4401, doi:10.1038/ncomms5401 (nature.com [abgerufen am 12. Januar 2020]).
  10. Hagelüken, Gregor et al. (2006): The crystal structure of SdsA1, an alkylsulfatase from Pseudomonas aeruginosa, defines a third class of sulfatases In: PNAS, Bd. 103, S. 7631–7636 PMID 16684886 doi:10.1073/pnas.0510501103
  11. F. Leitermann: Biotechnologische Herstellung mikrobieller Rhamnolipide. Karlsruhe 2008, Universität Karlsruhe (TH)
  12. Stover, CK et al. (2000): Complete genome sequence of Pseudomonas aeruginosa PAO1, an opportunistic pathogen In: Nature Bd. 406(6799), S. 947–8, PMID 10984043
  13. Stephen P. Diggle, Marvin Whiteley: Microbe Profile: Pseudomonas aeruginosa: opportunistic pathogen and lab rat: This article is part of the Microbe Profiles collection. In: Microbiology. Band 166, Nr. 1, 1. Januar 2020, ISSN 1350-0872, S. 30–33, doi:10.1099/mic.0.000860, PMID 31597590, PMC 7273324 (freier Volltext) – (microbiologyresearch.org [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  14. Kozlova, E. V., L. A. Anisimova, et al. (1989): [Antibiotic resistance in clinical strains of Pseudomonas aeruginosa isolated from 1979-1984]. In: Antibiot Khimioter 34(1): 24-8. PMID 2499281
  15. Zeitschrift für Chemotherapie 3-2008 (Memento vom 15. Juni 2012 im Internet Archive)
  16. Lawrence R. Mulcahy, Vincent M. Isabella, Kim Lewis: Pseudomonas aeruginosa Biofilms in Disease. In: Microbial Ecology. Band 68, Nr. 1, Juli 2014, ISSN 0095-3628, S. 1–12, doi:10.1007/s00248-013-0297-x, PMID 24096885, PMC 3977026 (freier Volltext) – (springer.com [abgerufen am 26. Februar 2024]).
  17. I. Stock: Die „Renaissance“ der Polymyxine. (PDF; 371 kB) In: Arzneimitteltherapie Band 29, 2011, S. 71–80.
  18. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 194 und 266.
  19. R. Leclercq et al.: EUCAST expert rules in antimicrobial susceptibility testing. In: Clinical Microbiology and Infection. Band 19, Nr. 2. Wiley-Blackwell, 2013, ISSN 1469-0691, S. 141–160, doi:10.1111/j.1469-0691.2011.03703.x, PMID 22117544 (wiley.com [abgerufen am 17. Februar 2013]).