Paulus Stephanus Cassel

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Paulus Stephanus Cassel

Paulus Stephanus Cassel (eigentlich Selig Cassel; * 27. Februar 1821 in Glogau, Schlesien; † 23. Dezember 1892 in Friedenau) war ein deutscher Journalist, christlicher Theologe und Schriftsteller jüdischer Herkunft.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft, erste berufliche Tätigkeiten, Konversion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paulus Stephanus Cassel wurde als Sohn des jüdischen Bildhauers Hirsch Cassel geboren. Sein ursprünglicher Vorname lautete Selig. Cassel absolvierte das Gymnasium in Schweidnitz und studierte anschließend Geschichtswissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, wo er unter anderem die Vorlesungen von Leopold Ranke hörte.

1849 gab er als überzeugter Royalist in Erfurt zunächst die Constitutionelle Zeitung heraus und später – von 1850 bis 1856 – die Erfurter Zeitung. Am 28. Mai 1855 empfing er in der evangelischen Kirche Büßleben bei Erfurt die christliche Taufe. Er wurde anschließend Bibliothekar der Königlichen Erfurter Bibliothek. Ein Jahr später avancierte er zum Sekretär der Erfurter Akademie und erhielt aufgrund seiner königstreuen Einstellung und Arbeit von Friedrich Wilhelm IV. den Titel eines Professors.

Um 1860 hatte er in Berlin für kurze Zeit die Stelle eines Gymnasiallehrers inne, wirkte aber vor allem als freier Schriftsteller. In den Jahren 1866 und 1867 wurde er als Mitglied der Konservativen Partei in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt.

Cassels Grab in Berlin-Kreuzberg

Missionar der judenchristlichen Missionsgesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um 1867 kam Cassel in Kontakt mit der Londoner Gesellschaft zur Verbreitung des Christentums unter den Juden, die ihn als Reiseprediger anstellte. Gleichzeitig übernahm er die Aufgaben eines Pastors an der damals freikirchlich orientierten Christuskirche in Berlin. Hier machte er auch auf den jungen Adolf Damaschke, den späteren Pädagogen und Bodenreformer, einen bleibenden Eindruck.

Galt seine theologische Arbeit in der ersten Phase seines 24-jährigen pastoralen Dienstes vor allem der Judenmission, so kämpfte er in den letzten Jahren seines Lebens verstärkt gegen den aufflammenden Antisemitismus des späten 19. Jahrhunderts an.

1872 erhielt Cassel die Ehrendoktorwürde durch die Universität Wien.

Cassels Bruder David wirkte als Dozent an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judenthums.

Paulus Stephanus Cassel starb 1892 im Alter von 71 Jahren in Friedenau bei Berlin. Sein Grabdenkmal aus schwarzem Granit auf dem Friedhof I der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg ist erhalten, jedoch ging ein Medaillon mit seinem Porträt verloren.[1] Seine sehr umfangreiche Bibliothek wurde im Dezember 1893 in einer fünftägigen Auktion versteigert.[2]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Paulus Stephanus Cassel betätigte sich als Schriftsteller auf vielen Feldern; einen Eindruck davon gibt folgende (unvollständige) Bibliographie:

Historische Schriften:

  • Deutsche Reden. 10 Hefte. Berlin 1871.
  • Weihnachten, Ursprünge, Bräuche und Aberglauben – Ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Kirche und des deutschen Volkes. Erlangen 1856. (Digitalisat)
  • Von Warschau nach Olmütz. Berlin 1851.
  • Historische Versuche: Anmerkungen zu Benjamin von Tudela. Französische Städtenamen. Apologie. Adolf, Berlin 1847. (Digitalisat)

Theologische Schriften:

  • Das Buch der Richter und Ruth. In: Theologisch-Homiletisches Bibelwerk. J.P. Lange, Hrsg., 1887.
  • Das Buch Esther. Ein Beitrag zur Geschichte des Morgenlandes, aus dem hebräischen Urtext übersetzt, historisch und theologisch erläutert. Berlin und Leipzig 1885.

Kampf gegen Antisemitismus:

Geographische Beschreibungen:

  • Über thüringische Ortsnamen. Erfurt 1856–58.
  • Vom Nil zum Ganges. Wanderungen in die orientalische Welt. Hofmann, Berlin 1880. (Digitalisat)

Kirchenliedersammlung:

  • Hallelujah. Einhundert und acht und achtzig geistliche Lieder. Cassel, Berlin 1889.

Literaturwissenschaft:

  • Eddische Studien. Böhlau, Weimar 1856. (Digitalisat)
  • Der Schwan in Sage und Leben. Eine Abhandlung. Rauh, Berlin 1861. (Digitalisat) 3. Aufl. Berlin 1872.
  • Rose und Nachtigal. Vortrag auf Veranlassung des Berliner Hülfsvereins des Germanischen National-Museums in NÜrnberg. Rauh, Berlin 1860. (Digitalisat)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Paulus Stephanus Cassel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Paulus Stephanus Cassel – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 212.
  2. Teltower Kreisblatt vom 19. Dezember 1893, S. 2.