Amt Schönheit der Arbeit

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Das Amt „Schönheit der Arbeit“ war eine Organisation der von Robert Ley geführten Deutschen Arbeitsfront (DAF) und damit eine Gliederung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Das Amt wurde am 27. November 1933 gegründet, am folgenden Tag wurde es in die NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude einbezogen.

Sein Sitz befand sich in der Kaiserallee 25[1] (heute Bundesallee) in Berlin; Leiter war Albert Speer, Julius Schulte-Frohlinde[2] sein Stellvertreter.

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Aufgaben gehörte die Verschönerung von Arbeitsstätten, die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Ergonomie und Arbeitssicherheit. Die zunächst winzige Organisation trat dabei in eine Zwitterstellung zu den Gewerbeaufsichtsämtern: Einerseits wurden Betriebsbesichtigungen häufig gemeinschaftlich durchgeführt, andererseits betätigte sich das Amt als ständiger Kritiker und Antreiber der Gewerbeaufsicht, die für die bestehenden Missstände verantwortlich gemacht wurde.[3] Es ist richtig darauf hingewiesen worden, dass die propagierten Verbesserungsvorschläge nur vordergründig eine schönere Arbeitswelt ins Auge fassten; tatsächlich dienten sie der Steigerung der Produktivität, der erhöhten Ausbeutung von Arbeitskraft und Produktionsmitteln, der Vorgaukelung einer NS-Volksgemeinschaft von Führung und Belegschaft, der Einsparung von Metallen, die der Rüstungsindustrie vorbehalten bleiben sollten.[4]

Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gemeinschaftshaus von Linden & Funke in Iserlohn wurde nach Plänen des ASdA errichtet und 1936 eröffnet.
Kantinengeschirr wurde mit einer Bodenmarke als mustergültig im Sinne des ASdA ausgewiesen, hier eine Suppentasse von Bauscher für die Deurag-Nerag.
Firmen, die das Gütezeichen für vorbildliche Betriebseinrichtungen vorweisen konnten, durften auf lukrative staatliche Aufträge hoffen.

Das Amt publizierte diverse Broschüren mit detaillierten Musterplänen, zum Beispiel für die Einrichtung von Waschräumen und Toiletten. Auf Veranlassung des Amtes wurden Kantinen, Aufenthaltsräume, Werksbibliotheken, Sport- und Sanitäranlagen eingerichtet sowie Kameradschaftsabende und Werks-Sportfeste organisiert. Die Kosten dieser Maßnahmen beliefen sich bis 1939 auf rund 200 Millionen Reichsmark, die von den Unternehmen getragen werden mussten. Betriebe, die die Vorgaben des Amtes besonders eifrig umsetzten, erhielten den Ehrentitel „Nationalsozialistischer Musterbetrieb“.

Die Aktionen des Amtes „Schönheit der Arbeit“ standen unter jährlich wechselnden Mottos: 1934 „Entrümpelung der Betriebe“, 1935 „Kampf dem Betriebslärm“, 1936 „Gutes Licht, gute Arbeit“, 1937 „Saubere Menschen im sauberen Betrieb“, 1938 „Gesunde Luft im Arbeitsraum“ und 1939 „Warmes Essen im Betrieb“.

Mit Kriegsbeginn drängte das Motiv der Produktivitätssteigerung andere Bemühungen vollends in den Hintergrund: Eine bessere Ausleuchtung von Arbeitsplätzen diente der Senkung von Ausschuss, verbesserte Hygiene senkte die Zahl von Krankenständen. Nahmen die Mitarbeiter ihre Mahlzeiten im Betrieb ein, konnte der Verbrauch besser gesteuert werden, vor allem der von unerwünschten Importprodukten. Nebenbei konnten zentral die Gespräche der Mitarbeiter belauscht werden und somit die Solidarisierung in der Kleingruppe am Arbeitsplatz eingedämmt werden. Betriebssport diente immer auch der Wehrertüchtigung.

Nationalsozialistische Musterbetriebe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1937 wurde im Rahmen des am 29. August 1936 von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) ins Leben gerufenen Leistungskampfs der deutschen Betriebe die Auszeichnung „nationalsozialistischer Musterbetrieb“ verliehen. Den Beschäftigten wurde mit dem Leistungskampf soziale Gerechtigkeit propagiert und damit gleichzeitig für die DAF geworben. Durchgeführt wurde der Wettkampf vom „Amt für soziale Selbstverantwortung“ der DAF. Die Ehrungen durch Adolf Hitler oder Robert Ley fanden jährlich am 1. Mai, dem „Tag der nationalen Arbeit“, statt. Die ausgezeichneten Firmen erhielten mit der Überreichung der Urkunde „das Recht, die Flagge der Deutschen Arbeitsfront mit goldenem Rad und goldenen Fransen zu führen“. Diese ein Jahr lang geführte Flagge wurde üblicherweise kurz als „Goldene Fahne“ der DAF bezeichnet.[5][6] Zwar nahmen die Beschäftigten die damit verbundenen sozialen Verbesserungen gern an; allerdings war die Teilnahme an den Leistungskämpfen oft mit verstärkter Zeitnot bei der Arbeit sowie erhöhtem Druck seitens Unternehmensleitung und DAF verbunden.

Folgenden Betrieben wurde der Titel verliehen:
Name des Betriebes Ort Jahr
AGO Flugzeugwerke - -
Alfred Kühne - -
Astrawerke - -
Automobilwerke Ludwigsfelde Ludwigsfelde -
Bayerische Gemeindebank München -
Barmenia - -
Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei Berlin -
Bochumer Anzeiger Bochum -
Bochumer Verein Bochum -
Brabag Braunkohle-Benzin A.G. - -
Breisgau Milchzentrale GmbH Freiburg 1939
Continental AG - -
Clemens Müller Nähmaschinenwerke Dresden -
Dr. August Oetker KG - -
Daimler Benz AG Stuttgart 1941
Dürkopp Adler - -
EBAWE - -
Escher Wyss AG - -
Fissan-Werke - -
Friedrich Emil Krauß - -
Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen Stuttgart 1937,1939,1940
Fritz Leitz Maschinen- und Apparatebau GmbH - -
Gebr. Böhler & Co. Aktiengesellschaft Düsseldorf 1941[5]
Gerhard D. Wempe Hamburg -
Gerhard-Fieseler-Werke Kassel -
Glashütte Hermannsthal Murow/Oberschlesien 1937/1938
Hefefabrik Bast AG Nürnberg-Buch 1938–1942
Henkel - -
Joh. A. Benckiser - -
Julius Maggi - -
Karlsruher Versicherungen Karlsruhe -
Kugelfischer Schweinfurt 1941
Kühne + Nagel - -
Kunstmühlen-Werke Franz Lucke - -
Leipziger Wollkämmerei Leipzig 1937/1938
Maschinenfabrik H. A. Waldrich KG - -
Mauxion - -
Max Woelm - -
Melitta - 1941[6]
Meller Möbelfabrik - -
Messerschmitt GmbH Nürnberg 1941
Perthes Verlag Gotha -
Preussag - -
Reichsbank - -
Rittergut Peseckendorf Oschersleben 1937/1938
Schäffer & Budenberg - -
Schiesser - -
Schülke & Mayr - -
Spinnerei und Weberei Kottern Kempten 1937/38
Spinnhütte Celle Celle -
Stahlwerke Bochum Bochum -
Steinkohlegrube St. Ingbert St. Ingbert -
Stollwerck Köln -
Suhl Werke für Waffen, Fahrzeuge und Werkzeugmaschinen Weimar Meuselwitz 1938
Tabakfabrik Linz Linz -
Technische Berufliche Schule 1 Bochum Bochum -
Uhrenwerke Ruhla Ruhla -
Vereinigte Glanzstoff-Fabriken Obernburg 1937/1938
Waschgerätewerk Schwarzenberg Schwarzenberg -
Winklers Verlag - -
Wittenauer Werkzeugmaschinenfabrik Herbert Lindner Wittenau -
Zementwerk Weisenau Mainz-Weisenau -
Zentrum für Psychiatrie Reichenau Reichenau -
Zschimmer & Schwarz Lahnstein -

Veröffentlichungen des Amtes Schönheit der Arbeit (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien

  • Das Taschenbuch Schönheit der Arbeit. Zusammengestellt von Anatol von Hübbenet, mit einem Geleitwort des Reichsamtsleiters Prof. Albert Speer, Verlag der Deutschen Arbeitsfront, Berlin 1938. Mit Fotos u. a. von Hugo Schmölz und Dr. P. Wolff & Tritschler
  • Karl Nothelfer, Hans Stolper: Das Möbelbuch „Schönheit der Arbeit“ (Bd. 2), Berlin 1937
  • Herbert Steinwarz: Der Umkleideraum, Wasch- und Baderaum in gewerblichen Betrieben (Bd. 3), Berlin 1936
  • Die Abortanlagen gewerblicher Betriebe (Bd. 4)
  • Herbert Steinwarz: Die Unterbringung von Mannschaften auf deutschen Seeschiffen (Bd. 5), Berlin 1936
  • Herbert Steinwarz: Speiseräume und Küchen in gewerblichen Betrieben (Bd. 6), Berlin 1939
  • Herbert Steinwarz, Georg Mewes, Paul Simma: Das Kameradschaftshaus im Betrieb (Bd. 7), Berlin 1939

Informationsschriften Von November 1934 bis Juni 1938 erschienen 20 Broschüren, darunter

  • Wesen, Aufgaben und Ziele des Amtes ‚Schönheit der Arbeit‘ von Herbert Steinwarz (1937)
  • Die Werksfürsorge. DAF, Gau Essen, Hg. Essen 1938

Monatszeitschrift

  • Schönheit der Arbeit, seit Mai 1936

Sonderhefte anderer Zeitschriften

  • Schönheit der Arbeit (Die Form, Zeitschrift für gestaltende Arbeit, Heft 7, 1935)
  • Schönheit der Arbeit auf Baustellen und Schönheit der Arbeit (Baugilde, Februar 1935 und Mai 1937)
  • Schönheit der Arbeit auf Baustellen (Das Bauwerk, Mai 1936)
  • Schönheit der Arbeit (Fachblatt für Holzarbeiten, November 1936)
  • Schönheit der Arbeit (Westermanns Monatshefte, Februar 1937)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Steinwarz, Herbert: Das Amt für „Schönheit der Arbeit“, in: Der Führer 31. Juli 1934, S. 6
  • Matthias Frese: Betriebspolitik im „Dritten Reich“. Deutsche Arbeitsfront, Unternehmer und Staatsbürokratie in der westdeutschen Großindustrie 1933-1939. (Forschungen zur Regionalgeschichte 2, zugl. Diss. phil. Universität Heidelberg 1989), Paderborn 1991. ISBN 3-506-79574-0, S. 334–351
  • Chup Friemert: Produktionsästhetik im Faschismus. Das Amt Schönheit der Arbeit von 1933-1939. Diemert, München 1980 (Diss. phil. Universität Bremen 1977). Inhaltsverzeichnis und Vorwort
    • ders.: Das Amt Schönheit der Arbeit. Das Argument Heft 3/4, 1972, S. 258–275.
  • Anna Teut: Architektur im Dritten Reich 1933-1945. Ullstein, Berlin 1967 (online bei google books)
    • darin: Karl Kretzschmer: Über die Aufgaben des Amtes für „Schönheit der Arbeit“. Dokument 86, S. 282f.
  • Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900-1970. Schriften des Deutschen Architekturmuseums zur Architekturgeschichte und Architekturtheorie, Braunschweig 1986, Neuaufl. Stuttgart 2001
  • Zahlreiche deutsche Literaturangaben finden sich bei: Neil Gregor: Nazism. Reihe: Oxford Readers. Oxford University Press, New York 1996, ISBN 0-19-289281-9 (Extract 60, S. 407f.; im Online-Handel einsehbar)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Amt für Schönheit der Arbeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. lt. Handbuch... 1938, S. 262: Reichsamt "Schönheit der Arbeit", Berlin S 42, Curthdamm 2. (Kreuzberg; heute Segitzdamm).
  2. Nach dem Taschenbuch 1938, S. 261 war Speers ständiger Vertreter in diesem Amt Dipl.-Ing. Herbert Steinwarz.
  3. Matthias Frese: Betriebspolitik im „Dritten Reich“, S. 336.
  4. Ausführlich dazu aus einer kapitalismuskritischen Perspektive: Chup Friemert, Das Amt Schönheit der Arbeit. Das Argument Heft 3/4, 1972, S. 258–275.
  5. a b Goldene Fahne für Düsseldorf. Gaudiplom für Kapfenberg. In: Werkzeitung der (Betriebsgemeinschaft der) Gebr(üder) Böhler & Co. A.G., Jahrgang 1941, S. 59 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wgb (Mit Faksimile der Urkunde.)
  6. a b Wege zur Goldenen Fahne. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national(-)sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe / Wiener Beobachter. Tägliches Beiblatt zum „Völkischen Beobachter“, 23. Oktober 1941, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vob