Lazare Nicolas Marguerite Carnot

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Lazare Carnot

Lazare Nicolas Marguerite Carnot (* 13. Mai 1753 in Nolay, Burgund, heute Département Côte-d’Or; † 2. August 1823 in Magdeburg) war ein französischer Offizier, Mathematiker und Politiker.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carnot wurde in eine bürgerliche Familie geboren. Er hatte 17 Geschwister, von denen ein Bruder zum Procureur général am königlichen Hof aufstieg.[1] Carnot besuchte zunächst das Collège d’Autun und die École de Mézières, wo er mit den Arbeiten der Mathematiker Jean-Baptiste le Rond d’Alembert (1717–1783) und Charles Bossut (1730–1814) vertraut wurde. Anschließend trat er 1773 in das Ingenieurkorps des französischen Heeres ein, welches die einzige Formation war, in der damals der Adelsnachweis nicht Voraussetzung für eine bescheidene Offizierskarriere war. Bis 1783 hatte er den Rang eines capitaine au corps royal du génie erreicht. In seiner Garnison in Calais beschäftigte er sich jedoch ausgiebig mit der wissenschaftlichen Befestigungslehre und der Physik. Er verfasste früh einen Aufsatz über frühe Formen von Luftschiffen (Le problème de la direction des aérostats) und übersandte ihn der Académie des sciences, deren Mitglied er 1796 wurde.[2] Kurz darauf erschien 1784 sein Buch Éloge de M. le Maréchal de Vauban, welches noch Jahrzehnte später als Standardlehrbuch für den Festungsbau galt.[1]

Bei Ausbruch der Französischen Revolution (1789) begeisterte sich Carnot für die neuen Ideen und begann sich politisch zu engagieren. Im am 21. September 1792 zusammengetretenen Nationalkonvent stimmte er am 15. Januar 1793 für die Hinrichtung des Königs und wurde regelmäßig zu den Armeen entsandt. Als Angehöriger der Montagne (Bergpartei) gehörte er seit dem 4. August 1793 dem Wohlfahrtsausschuss an. Hier war er für Militärangelegenheiten verantwortlich und wirkte am Sieg bei Wattignies mit. Als folgenreich erwies sich die von ihm eingebrachte Einführung der levée en masse. Er war Abgeordneter des Départements Pas-de-Calais in der Nationalversammlung und gehörte dort dem Militärausschuss an. Am 9. Thermidor II des republikanischen Kalenders (27. Juli 1794) wirkte er am Sturz Maximilien Robespierres mit. Am 26. September 1795 wurde Carnot von den Abgeordneten des Départements Sarthe zum Ältestenrat des Parlaments der Direktoriumsverfassung gewählt und trat in das Direktorium ein, musste seinen Platz jedoch nach dem Staatsstreich des 18. Fructidor V räumen. Er floh in die Schweiz. Nach dem Staatsstreich des 18. Brumaire VIII kehrte er nach Frankreich zurück und wurde von Napoleon Bonaparte zum Kriegsminister ernannt. Nach einigen Monaten trat er zurück. Carnot hatte einen Sitz im Tribunat, stimmte gegen das Konsulat auf Lebenszeit und das Empire und zog sich schließlich aus dem politischen Leben zurück, um sich seinen wissenschaftlichen Arbeiten zu widmen.

Grabstätte von Lazare Carnot im Pariser Panthéon

Während der Herrschaft der Hundert Tage Napoleons I. 1815 wurde er zum Innenminister ernannt. Schließlich wurde er in der Zeit der Restauration des Königsmordes angeklagt und musste nach Preußen flüchten, wo er zeitweilig in Wernigerode lebte und 1823 in Magdeburg verstarb. Seit 1808 war er auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[3] 1889 wurden seine Gebeine nach Paris überführt und im Panthéon beigesetzt.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carnot war nicht nur Politiker und Erfinder des Prinzips der Levée en masse, sondern auch ein bedeutender Mathematiker. Seine Schriften wurden grundlegend für die Geometrie der Lage. Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts war es üblich, den Kosinussatz der Trigonometrie als Kosinussatz von Carnot zu bezeichnen. Daneben gibt es noch einen Satz von Carnot, der sich ebenfalls mit ebenen Dreiecken beschäftigt. Sein Sohn Nicolas Léonard Sadi Carnot wurde als Physiker, unter anderem durch die Begründung der Thermodynamik, bekannt. Sein Enkel Marie François Sadi Carnot wurde 1887 Präsident der Republik Frankreich.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Name ist am Triumphbogen in Paris in der 4. Spalte eingetragen. Carnot ist namentlich auf dem Eiffelturm verewigt (siehe Die 72 Namen auf dem Eiffelturm). Außerdem trägt ihm zu Ehren eine der zwölf sternförmig auf die Place Charles-de-Gaulle mündenden Straßen seit 1880 den Namen Avenue Carnot.

Ein Mauertyp im Festungsbau trägt nach ihm den Namen Carnot-Mauer.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Réflexions sur la métaphysique du calcul infinitésimal, 1797
Principes fondamentaux de l'équilibre et du mouvement, 1803

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Daniel Amson: Carnot. Perrin Verlag, Paris 1992, ISBN 2-262-00907-4.
  • Pierre Beaudry: Lazare Carnot: Organizer of Victory – How the „Calculus of Enthusiasm“ Saved France. In: The American Almanac. 21. Juli 1997, online.
  • Charles Gillispie: Lazare Carnot Savant – a monograph treating Carnot’s scientific work, with facsimile reproduction of his unpublished writings on mechanics and on the calculus, Princeton University Press 1971 (mit einem Essay von Adolf Juschkewitsch).
  • Charles Gillispie, Raffaele Pisano: Lazare and Sadi Carnot. A scientific and filial relationship, Springer, 2. Auflage 2014.
  • Emmanuel Grison: Lazare Carnot et le Grand Comité de Salut Public. In: Sabix – Bulletin de la Societé des Amis de la Bibliothèque' de l’École polytechnique. Nr. 23, 2000, ISSN 0989-3059, S. 15–21, online.
  • Dino De Paoli: Lazare Carnot’s Grand Strategy for Political Victory. In: Executive Intelligence Review. 20. September 1996, online.
  • Marcel Reinhard: Le Grand Carnot. Lazare Carnot, 1753–1792. Hachette, Paris 1994, ISBN 2-01-235066-6.
  • David Eugene Smith: Lazare Nicolas Marguerite Carnot. In: Scientific Monthly, Vol. 37, Nr. 2, 1933, S. 188 f., ISSN 0096-3771
  • Alain Juhel: In Lazare Carnot’s Footsteps. In: Mathematical Intelligencer, 2010, Nr. 2 (Mathematical Tourist).
  • Carl B. Boyer: The great Carnot. In: The Mathematics Teacher, Band 49, Nr. 1, Januar 1956, S. 7–14 (JSTOR:27955059).
  • Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn, Berlin 2018, S. 40f., 297, 438f. u. 442, ISBN 978-3-433-03229-9.
  • K. Fink: Lazare Nicolas Marguerite Carnot: Sein Leben und seine Werke. Nach den Quellen dargestellt Tübingen, 1894 (Digitalisat).
  • Ulrich C. Kleyser: Lazare Carnot, "Le Grand Carnot". Ein Charakterbild, Miles-Verlag Berlin 2016, ISBN 978-3-945861-22-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lazare Nicolas Marguerite Carnot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b David Eugene Smith: Lazare Nicolas Marguerite Carnot. In: The Scientific Monthly, Vol. 37, Nr. 2, 1933, S. 188 f.
  2. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe C. Académie des sciences, abgerufen am 25. Oktober 2019 (französisch).
  3. Mitgliedseintrag von Lazare Nicolas Marguerite Graf von Carnot bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 12. Januar 2017.
VorgängerAmtNachfolger

François Xavier de Montesquiou-Fézensac
Innenminister von Frankreich
20. März 181522. Juni 1815

Claude Carnot-Feulin

Louis-Alexandre Berthier
Kriegsminister von Frankreich
2. April 18008. Oktober 1800

Louis-Alexandre Berthier

Robert Lindet
Präsident des Nationalkonvents
5. Mai 179420. Mai 1794

Claude-Antoine Prieur