Kreis Pleß

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Der Kreis Pleß auf einer Karte von 1905

Der Kreis Pleß war von 1743 bis 1922 ein preußischer Landkreis in Oberschlesien. Seine Kreisstadt war die Stadt Pleß. Der Kreis musste 1922 als Folge des Versailler Vertrags vom Deutschen Reich an Polen abgetreten werden. Das ehemalige Kreisgebiet liegt heute in der polnischen Woiwodschaft Schlesien.

Verwaltungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Königreich Preußen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Eroberung des größten Teils von Schlesien wurden von König Friedrich II. 1742 in Niederschlesien und 1743 auch in Oberschlesien preußische Verwaltungsstrukturen eingeführt.[1] Dazu gehörte die Einrichtung zweier Kriegs- und Domänenkammern in Breslau und Glogau sowie deren Gliederung in Kreise und die Einsetzung von Landräten. Die Ernennung der Landräte in den oberschlesischen Kreisen erfolgte auf einen Vorschlag des preußischen Ministers für Schlesien Ludwig Wilhelm von Münchow hin, dem Friedrich II. im Februar 1743 zustimmte.[2]

Aus der Standesherrschaft Pleß, der Minderherrschaft Loslau und dem preußischen Teil der Herrschaft Oderberg wurde der Kreis Pleß gebildet.[3][4] Erster Landrat des Kreises Pleß wurde Christian Ernst von Solms.[5] Der Kreis unterstand zunächst der Kriegs- und Domänenkammer Breslau und wurde im Zuge der Stein-Hardenbergischen Reformen dem Regierungsbezirk Oppeln der Provinz Schlesien zugeordnet.[6]

Bei der Kreisreform vom 1. Januar 1818 im Regierungsbezirk Oppeln wurde der für die damaligen Vorgaben als zu groß erachtete Kreis verkleinert:[7][8]

  • Die Ortschaften Annaberg, Belschnitz, Groß Gorschütz, Klein Gorschitz, Odrau, Olsau, Uhilsko und Zabelkau wechselten aus dem Kreis Pleß in den Kreis Ratibor.
  • Die Ortschaften Bogutschütz, Brzenskowitz, Kattowitz, Myslowitz, Rosdzin, Schoppinitz und Zalenze wechselten aus dem Kreis Pleß in den Kreis Beuthen.
  • Die Stadt Loslau, die Ortschaften Czirsowitz, Cissowka, Godow, Golkowitz, Groß Thurze, Jedlownik, Klein Thurze, Kokoschütz, Krostoschowitz, Nieder Marklowitz, Moschczenitz, Nieder Gogolau, Nieder Jastrzemb, Nieder Mschanna, Nieder Radlin, Nieder Radoschau, Ober Gogelau, Ober Jastrzemb, Ober Marklowitz, Ober Mschanna, Ober Radlin, Pohlom, Ruptau, Skrzischow und Wilchwa sowie die Kolonien Altenstein, Dyhrngrund, Friedrichsthal, Krausendorf, Romanshof, Ruptawietz, Skrbenski und Sophienthal wechselten aus dem Kreis Pleß in den neuen Kreis Rybnik.

Nach dem Aussterben der Familie von Anhalt-Köthen-Pleß, die seit 1746 die Herrschaft Pleß innehatte, erhielt der niederschlesische Graf Hans Heinrich X. von Hochberg zu Fürstenstein vom preußischen König 1850 die Herrschaft und den neuen Titel „Fürst von Pleß“.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Während des Ersten Weltkrieges residierte der deutsche Kaiser Wilhelm II. von 1914 bis 1917 mit seinem Militärstab im Westflügel des Schlosses des Fürsten von Pleß. Zum 8. November 1919 wurde die Provinz Schlesien aufgelöst und aus dem Regierungsbezirk Oppeln die neue Provinz Oberschlesien gebildet.

Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien 1921 war der Kreis Pleß der Kreis mit dem höchsten Ergebnis für Polen (74 %) und dem niedrigsten für Deutschland (26 %). Durch die anschließenden Beschlüsse der Pariser Botschafterkonferenz fiel 1922 der gesamte Kreis an Polen und bildete dort den Powiat Pszczyński.[9]

Während der deutschen Besetzung Polens von 1939 bis 1945 war ein Landkreis Pleß als Teil des Regierungsbezirks Kattowitz eingerichtet.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner Quelle
1795 60.994 [10]
1819 36.439 [11]
1846 70.086 [12]
1871 90.131 [13]
1885 95.659 [14]
1900 103.275 [15]
1910 122.897 [15]

Bei der Volkszählung von 1910 bezeichneten sich 86 % der Einwohner des Kreises Pleß als rein polnischsprachig und 13 % als rein deutschsprachig.[16] 97 % der Einwohner waren 1910 katholisch und 2 % evangelisch.[17]

Landräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1743–174700Christian Ernst von Solms[5]
1748–175500Erdmann Jaroslav von Skrbensky[5]
1756–178500Maximilian Bernhard von Skrbensky[5]
1785–178800Johann Albrecht von Röder[5]
1788–181800Wilhelm von Birckhahn (1744–1819)[5]
1818–183100Heinrich zu Anhalt-Cöthen-Pleß (1778–1847)
1831–185300Georg von Hippel (1802–1878)
1853–185500von Westarp
1855–187200Stanislaus von Seherr-Thoß (1827–1907)
1872–187700Robert Michael Urban
1878–188500Felix Winterfeldt († 1885)
1885–189900Heinrich von Schroeter (1856–1945)
1899–190800Ernst von Heyking (1862–1940)
1908–192200Max von Ruperti (1872–1945)

Kommunalverfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Kreis Pleß gehörten drei Städte. Die Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke waren in Amtsbezirken zusammengefasst. Bis 1922 galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1908 gehörten drei Städte und 93 Landgemeinden zum Kreis Pleß:[15][9]

  • Grzawa
  • Guhrau
  • Gurkau
  • Imielin
  • Jankowitz
  • Jaroschowitz
  • Jarzombkowitz
  • Jedlin
  • Kamionka
  • Kobielitz
  • Kobier
  • Kopcziowitz
  • Kostow
  • Kralowka
  • Krassow
  • Kreutzdorf
  • Krier
  • Lendzin
  • Lonkau
  • Mezerzitz
  • Miedzna
  • Miserau
  • Mittel Lazisk
  • Mokrau

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft VI: Regierungsbezirk Oppeln, S. 64–71, Kreis Pleß.
  • Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien, Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1865, S. 561 ff..
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 179–180, Ziffer 10.
  • Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3, Teil 1, Halle 1792, S. 177 ff.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Schlesien und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871. Berlin 1874, S. 342–349.
  • Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichniß sämmtlicher Rittergüter und selbständigen Guts- und Forstbezirke, sowie solcher größeren Güter, welche innerhalb des Gemeindeverbandes mit einem Reinertrag von etwa 1500 Mark und mehr zur Grundsteuer veranlagt sind. Fünfte Ausgabe, Wilhelm Gottlob Korn, Breslau 1894, S. 415–422 (Online).
  • Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kreis Pleß – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Roland Gehrke: Landtag und Öffentlichkeit: Provinzialständischer Parlamentarismus in Schlesien 1825-1845. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20413-6, S. 45 (Teildigitalisat).
  2. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Akten vom 31. Mai 1740 bis Ende 1745. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 6,2. Paul Parey, Berlin 1901, Immediatbericht Münchows zu Bestellung von Landräthen in Oberschlesien, S. 540 (Digitalisat).
  3. Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der preussischen Monarchie, Band 3,Teil 1. darin: Beschreibung des Kreises Pleß aus dem Jahr 1792 (Digitalisat).
  4. W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate. Carl Heymann, Berlin 1839, Kreiseinteilung des preußischen Herzogtums Schlesien im 18. Jahrhundert, S. 290 (Digitalisat).
  5. a b c d e f Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
  6. Verordnung zur Eintheilung des preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung. 1815 (Digitalisat).
  7. Amtsblatt Königlichen Oppelnschen Regierung 1817, Nr. XLI. Bekanntmachung der neuen Kreis-Eintheilung des Oppelnschen Regierungs-Bezirks vom 1. Oktober 1817. Oppeln, S. 523 ff. (Digitalisat).
  8. Roman Kamionka: Die Reorganisation der Kreiseinteilung Schlesiens in der Stein-Hardenbergschen Reformperiode, Breslau 1934
  9. a b Kreis Pleß Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 26. Juli 2013.
  10. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 38 (Digitalisat).
  11. Statistisches Bureau zu Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des preußischen Staats. Duncker & Humblot, Berlin 1821, Schlesien, S. 91 (Digitalisat).
  12. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  13. Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung 1871
  14. Gemeindelexikon für die Provinz Schlesien 1885
  15. a b c www.gemeindeverzeichnis.de
  16. Jakob Spett: Nationalitätenkarte der östlichen Provinzen des Deutschen Reiches nach dem Ergebnissen der amtlichen Volkszählung vom Jahre 1910 entworfen von Ing. Jakob Spett. Justus Perthes, 1. Januar 1910 (bibliotekacyfrowa.pl [abgerufen am 14. März 2017])., siehe auch Schlesien#Die ethnolinguistische Struktur Oberschlesiens (1819–1910)
  17. Michael Rademacher: Sch_pless. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  18. zum Hammermeister Heinrich, der diesen Ortsteil um 1400 begründet hat siehe Alfons PerlickHeinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 414 (Digitalisat).