Kleintransporter

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Mercedes-Benz Vito, erste Generation

Als Kleintransporter bezeichnet man im 21. Jahrhundert im Rahmen des europäischen Marktes kleine Lastkraftwagen, die aufgrund ihres zulässigen Gesamtgewichts bis 3,5 Tonnen mit der Führerschein-Klasse B gefahren werden dürfen. Die Nutzlast eines Kleintransporters liegt zwischen etwa 0,5 und 1,5 Tonnen. Ab 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse sind bei gewerblicher Nutzung ein Fahrtenschreiber Pflicht sowie der Führerschein Klasse C1 (bis 7,5 Tonnen) oder C (mehr als 7,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vorgeschichte leichter Lieferwagen reicht bis zu den Anfängen des Automobilbaus am Ende des 19. Jahrhunderts zurück.

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stellten verschiedene Hersteller sogenannte Eil-Lieferwagen her, die meist eine Nutzlast von 200–300 kg boten und nur drei Räder hatten. Beispiele dafür sind Tempo und Framo. Auch vierrädrige Kleintransporter wurden bereits zu Vorkriegszeiten hergestellt, zum Beispiel ab 1938 der Framo V 500.

Technisch und optisch mit dem VW-Transporter verwandte Konzepte mit 4-Zylinder-Boxermotor und Fahrwerkskonstruktionen aus dem Automobilbau finden sich in Fahrzeugen, des österreichischen Herstellers Steyr Daimler Puch ab 1934. Dazu sind die folgenden Typen bekannt:[1]

  • auf Basis des Steyr 50
    • Lieferwagen Steyr 110 (32 PS 1,4 ltr-Motor, 400 kg Nutzlast, 1934–1936, verkauft 150 Stück)
    • Lieferwagen Steyr 210 (35 PS 1,5 ltr-Motor, 400 kg Nutzlast, 1937–1938, verkauft 60 Stück)
  • auf Basis des Steyr 55
    • Lieferwagen Steyr 150 (35 PS 1,5 ltr-Motor, 750 kg Nutzlast, verstärktes Fahrwerk, 1938–1939, verkauft 205 Stück)
    • Militärversion Steyr 250 (Änderungen zum Kübelwagen nach Anforderungen der Wehrmacht, 1938–1940, Abnahme 1.200 Stück)

Museale Rezeption zu diesen Lieferwagenbaureihen von Steyr ist kaum bekannt. Vermutlich haben nur wenige Stücke den Eingang in Museen gefunden. In dem Film Der Bockerer II – Österreich ist frei wurde ein Steyr 150 mit Pritschenaufbau genutzt. Das Fahrzeug mit der Türaufschrift „Karl Bockerer“ wurde später in der Jubiläumsausstellung „25 Jahre ÖGHK“ im Technischen Museum in Wien gezeigt.[2]

Nach dem Krieg wurden die bisher gebräuchlichen Pferdefuhrwerke zunehmend von Kleintransportern, damals auch Schnelltransporter genannt, verdrängt. Die Fahrzeuge hatten zunächst eine aus heutiger Sicht schwache Motorisierung von 10–25 kW und waren spartanisch ausgestattet. Typische frühe Vertreter in Deutschland waren der DKW-Schnellaster, der Tempo Matador und der VW Transporter bzw. in der DDR der Framo V 501/2. In Frankreich wurde der Citroën Typ H bereits 1947 vorgestellt.

Im Laufe der Jahre wurden auch leichte Kleintransporter mit immer stärkeren Motoren ausgerüstet und komfortabler. Inzwischen stehen sie sowohl in Fahrleistungen als auch Ausstattung einem Pkw kaum nach. Die Breite des Angebots wurde immer stärker spezialisiert und differenziert, um für jedes Nachfrage- und Preissegment ein passendes Fahrzeug im Programm zu haben. Häufiger noch als bei der Pkw-Herstellung gibt es bei Kleintransportern eine konzernübergreifende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fabrikaten. So werden etwa im Sevel-Werk, dem größten europäischen Werk für Kleintransporter, baugleiche Nutzfahrzeuge von Fiat, Citroën und Peugeot hergestellt.[3]

Kleintransporter werden heutzutage auch häufig zum Transport von Möbeln bei Umzügen benutzt. Falls ein Transporter für bis zu 12 Tonnen zum Einsatz kommen soll, wird dafür ein Führerschein der Klasse CE benötigt sowie ein Fahrer unter 50 Jahren. Personen über 50 Jahre müssen in regelmäßigen Abständen einen Gesundheitstest absolvieren, um weiterhin einen Sattelzug fahren zu dürfen.[4]

Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine gesetzliche Definition, z. B. in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, gibt es nicht. Im unteren Grenzbereich sind die Hochdachkombis anzusiedeln, die jedoch meist als Pkw zugelassen sind. Zu den Kleintransportern gehören ebenfalls Lieferwagen/Kastenwagen, die sich nur in Details wie fehlenden hinteren Seitenscheiben von einem zugehörigen Pkw-Modell unterscheiden.

Inzwischen werden häufig auch Transporter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t als Kleintransporter bezeichnet. Hierbei handelt es sich eigentlich um Leichte Lkw – eine Gruppe der Lkw, die bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen reicht und die nicht mehr mit dem Pkw-Führerschein gefahren werden dürfen. Konstruktiv und äußerlich haben sie sich teilweise stark den Kleintransportern angenähert. Zahlreiche Typen wie Mercedes-Benz Sprinter sind in Ausführungen für beide Nutzlastklassen im Angebot.

Ähnlich wie Lkw werden viele Kleintransporter auch mit Fahrerkabine und daran anschließenden unterschiedlichen Aufbauten angeboten. Wie bei den Hochdachkombis gibt es auf Basis der Kleintransporter von den meisten Herstellern ebenfalls einen Kleinbus zur Personenbeförderung, teilweise auch eine Mischform als „Doppelkabine“.

Sonderschutzfahrzeuge fallen wegen ihrer Panzerung gleichfalls in den Bereich der Leicht-Lkw. Bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 4.100 Kilogramm können sie mit einer Ausnahmegenehmigung auch mit Führerschein-Klasse B gefahren werden.

Modelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Größenklassen aktueller Modelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für eine Unterteilung in kleine, mittlere und große Kleintransporter gibt es keine Definition. Die Übergänge zum Lieferwagen-Pkw einerseits und den Leichten Lkw andererseits werden oft nicht klar abgegrenzt. Da die meisten Hersteller mit der Zeit das Angebot an Kleintransportern auf mehrere Modelle erweitert haben, entstehen mehr oder weniger automatisch verschiedene Größenklassen.

Gruppen-Marken Klein (z. T. „Hochdachkombi“) Mittel Groß (über 3,5 t als „LKW“)
Kleintransporter-Kastenwagen: Max. Ladevolumen von/bis (in m³ bei Einzelkabine)
2–3 3–4 4–5 5–6 6–7 7–8 8–9 9–10 10–11 11–12 12–13 13–14 14–15 15–16 16–17 17–18 18–19 19–20
Toyota Dyna/ToyoAce
Proace I[3]
Proace II [12]
Peugeot, Citroën Expert I / Jumpy I[13]
Bipper / Nemo[2] Partner / Berlingo[8] Expert II / Jumpy II[3] Boxer II / Jumper II[4]
Expert III / Jumpy III[12]
Fiat, Ram, Iveco Scudo I[13]
Fiorino[2] Doblò II[9] Scudo II[3] Ducato III / Promaster I[4]
Talento[11]
Daily VI
Opel, Vauxhall, Chevrolet, GMC Combo D[9] Vivaro A[5]
Vivaro B[11]
Movano B[6]
Express/Savana[7]
Renault, Nissan Kangoo II[10] Trafic II / Primastar I[5]
Trafic III / NV300[11]
NV200 Master III / NV400[6]
Mercedes-Benz, Freightliner Citan[10] Vito (BR 447) Sprinter II[1]
Volkswagen Caddy III/IV Transporter T5/T6
Crafter[1]
Ford Transit Courier Transit Connect Transit
Transit Custom E-Serie
Hyundai H-1 / H200 H350
StreetScooter Work / Work L
Kooperationen & Gemeinschaftsentwicklungen:

[1] Mercedes-Benz Sprinter ist weitgehend baugleich mit Freightliner Sprinter und VW Crafter; zwischenzeitlich auch als Dodge Sprinter
[2] Fiat Fiorino ist weitgehend baugleich mit Peugeot Bipper und Citroën Nemo
[3] Peugeot Expert II ist weitgehend baugleich mit Citroën Jumpy II, Fiat Scudo II und Toyota Proace I
[4] Fiat Ducato ist weitgehend baugleich mit Ram Promaster, Peugeot Boxer, Citroën Jumper
[5] Opel Vivaro A ist weitgehend baugleich mit Vauxhall Vivaro A, Renault Trafic II und Nissan Primastar
[6] Opel Movano ist weitgehend baugleich mit Vauxhall Movano, Renault Master und Nissan NV400
[7] Chevrolet Express und GMC Savana sind weitgehend baugleich
[8] Peugeot Partner und Citroën Berlingo sind weitgehend baugleich
[9] Fiat Doblò ist weitgehend baugleich mit Opel Combo D
[10] Renault Kangoo wird mit wenigen Modifikationen als Mercedes-Benz Citan gebaut
[11] Renault Trafic III ist weitgehend baugleich mit Nissan NV300 und Fiat Talento
[12] Peugeot Expert III ist weitgehend baugleich mit Citroën Jumpy III und Toyota Proace II
[13] Peugeot Expert I ist weitgehend baugleich mit Citroën Jumpy I und Fiat Scudo I

Weitere, z. T. historische Modelle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende Liste zeigt ausgewählte, meist historisch wichtige Kleintransporter:

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufbauformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der typischen Aufbauform des Kastenwagens gibt es eine Vielzahl weiterer Aufbauformen für Kleintransporter. Kleinbusse werden oft als eigene Fahrzeugklasse behandelt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Steyr Lkw 1922 bis 1940, Die Lieferwagen auf Pkw-Basis. zuckerfabrik24.de, abgerufen am 25. Juni 2022.
  2. Steyr 150 Lieferwagen - 1938 (A). In: Jubiläumsausstellung "25 Jahre ÖGHK" im Technischen Museum in Wien. austria-motor-veterans.at, abgerufen am 25. Juni 2022.
  3. FCA und Groupe PSA verlängern Partnerschaft bis 2023 Pressemitteilung der FCA vom 14. Februar 2019, abgerufen am 7. April 2019.
  4. Die Führerscheinklassen C1 und C1E: Alle Infos für Lkw-Fahrer. ADAC, 29. April 2021, abgerufen am 21. September 2021.