Jerzy Kanal

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Jerzy Kanal (geboren 20. Juli 1921 in Błaszki; gestorben 1. August 2015 in Berlin) war von 1992 bis 1997 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Berlin.[1] Er war ein Überlebender des Holocaust.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Familie zog 1922[2] nach Warschau in das dortige Ghetto, das sie überlebten. Jerzy Kanal machte eine Ausbildung zum Kaufmann, er wurde jedoch bald deportiert und zwar zunächst nach Majdanek, dann nach Auschwitz in das Nebenlager Birkenau. Um der nahenden Front des Krieges zu entgehen, mussten die Häftlinge nach Westen, zum KZ Oranienburg marschieren, und wurden danach noch mehrfach in andere Lager verlegt. In einem davon erlebte er die Befreiung durch die Rote Armee. Seine Familie war jedoch noch während der deutschen Besetzung umgebracht worden.[3]

Trotz der schlechten Erfahrungen mit Deutschen kam Jerzy Kanal 1953 nach Berlin und setzte sich für den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in dieser Stadt ein. Seine Wohnung nahm er in Berlin-Charlottenburg, Wielandstraße.[4]

Er engagierte sich besonders im Vorstand der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und übernahm 1992 deren Vorsitz, nachdem Heinz Galinski im Amt verstorben war. Dieses Amt übte Kanal bis 1997 aus. Zugleich war er Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden, deren Vizepräsident er 1997 für ein halbes Jahr war.

Als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Berlin war es Kanal gelungen, mit dem Senat einen Staatsvertrag auszuhandeln, der die Beziehungen des Bundeslandes zur Gemeinde erstmals verbindlich regelte.

Nach dem Mauerfall und dem Zusammenwachsen Berlins setzte sich Jerzy Kanal auch für das Zusammenwachsen der jüdischen Gemeinden in beiden Teilen Berlins zur neuen Großgemeinde mit mehr als 10.000 Mitgliedern ein.

1992 hielt Kanal eine Gedenkrede anlässlich der Enthüllung einer Bronzegedenktafel vor der 1938 geplünderten und niedergebrannten Jüdischen Synagoge des ,Religionsvereins Westen’ in der Passauer Straße 2.[5]

Im Jahr 1993 konnte Kanal aus dem Märkischen Museum Silbergegenstände in Empfang nehmen, die von den Nationalsozialisten jüdischen Mitbürgern abgepresst worden waren.[6]

Am 8. Mai 1995 konnte Jerzy Kanal die im alten Glanz wieder hergestellte Neue Synagoge in der Berliner Oranienburger Straße als Centrum Judaicum einweihen.

Kanal wurde auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit beigesetzt.[7]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zentralrat der Juden trauert um Jerzy Kanal sel. A. In: Aktuelle Meldung, 3. August 2015. Zentralrat der Juden in Deutschland. Auf ZentralratDerJuden.de, abgerufen am 27. November 2020.
  2. Jerzy Kanal 1964 als Zeuge im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess »Strafsache gegen Mulka u.a.«, abgerufen am 20. Oktober 2020.
  3. Claudia Keller: Holocaust Überlebender Jerzy Kanal 94jährig gestorben. In: Der Tagesspiegel, 2015.
  4. Kanal, Jerzy. In: Berliner Stadtadressbuch 1957.
  5. Gedenktafeln in Berlin.
  6. Raub und Restitution, Brief vom Senator Ulrich Roloff-Momin an Jerzy Kanal in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Berliner Jüdischen Gemeinde vom 12. Februar 1993, abgerufen am 20. Oktober 2020.
  7. Trauer um Jerzy Kanal. Jüdische Allgemeine, 2015.