Hypertensive Krise

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Klassifikation nach ICD-10-GM
I10 bis I15 Hypertonie [Hochdruckkrankheit]

um das Vorliegen einer hypertensiven Krise anzuzeigen ist an fünfter Stelle eine 1 anzugeben

ICD-10 online (GM-Version 2023)

Die hypertensive Krise (englisch: hypertensive crisis) ist eine plötzlich auftretende Fehlregulation des Blutdrucks im systemischen Kreislauf. Sie geht mit einem hohen Blutdruck einher und hat kurzzeitig eine gute Prognose.[1] Die European Society of Hypertension und die European Society of Cardiology definieren die hypertensive Krise mit Blutdruckwerten >180/120 mmHg.[2][3] Sie ist eine Notarztindikation.

Begriffsdefinition und Differenzialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hypertensive Entgleisung ist der Oberbegriff für krisenhaft erhöhte Blutdruckwerte.[4]

Während in der Original-Leitlinie „Hypertension urgencies and emergencies“ (dtsch. Dringende Fälle und Notfälle bei Bluthochdruck) unterschieden werden, spricht die deutsche Bearbeitung von „Hypertensiven Notfällen“ – aufgeteilt als schwere Hypertonie (meist Grad 3) mit akuter Endorganschädigung oder „Hypertensive Entgleisung“ mit schwergradiger Hypertonie, jedoch ohne klinische Anzeichen für akute HMOD (Hypertonie-bedingte Endorganschäden (hypertension-mediated organ damage)).[5][3]

Von einer „hypertensiven Krise“ spricht die deutsche Leitlinie nur im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft, wenn bei kritisch erhöhtem arteriellen Blutdruck kein Hinweis auf akute hypertensive Organschädigungen vorliegt.[3]

Zeichen einer akuten Organschädigung können neurologische Ausfälle, Atemnot oder Brustkorbschmerzen sein. Treten in Zusammenhang mit der Blutdruckerhöhung Zeichen einer Organschädigung auf, handelt es sich um einen hypertensiven Notfall (englisch: hypertensive emergency).[6][7]

Auslöser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am häufigsten wird die hypertensive Krise ausgelöst, weil blutdrucksenkende Medikamente nicht wie verordnet eingenommen worden sind (siehe Adhärenz). Emotionale Erregungszustände, Angststörungen oder Panikattacken sind weitere Ursachen für Blutdruckerhöhungen. Seltenere Ursachen sind zunehmende Verengungen der Nierenarterien, akute Nierenerkrankungen oder ein DD-Genotyp des Angiotensin Converting Enzyme, ebenso die Aufnahme tyraminreicher Nahrung (Wein, Bier, Käse, Sauerkraut) bei gleichzeitiger Einnahme von Antidepressiva aus der Klasse der MAO-Hemmer. Durch die Hemmung der Monoaminooxidasen (MAO) werden biogene Amine (z. B. das sympathomimetisch wirkende Tyramin) schlechter abgebaut.

Symptome und Behandlungsstrategie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Betroffenen haben oft Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten oder Zittern am ganzen Körper, können aber auch symptomfrei sein. Da die Beschwerden nicht lebensbedrohlich sind, reicht es (nach entsprechender Ausschlussdiagnostik) aus, den Blutdruck allmählich auf normale Werte abzusenken. Hierzu können Medikamente oral verabreicht und die Patienten zunächst engmaschig ambulant weiter betreut werden. Gefährlich ist eine hypertensive Krise bei entsprechenden Vorerkrankungen, da sie sich relativ schnell zu einem hypertensiven Notfall entwickeln kann, der immer mit schweren Störungen verschiedener Organe einhergeht, wie z. B. Bewusstseinstrübung, Herzversagen, Schlaganfall und weiteren Organschäden.

Medikamentöse Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blutdrucksenkung sollte langsam erfolgen. Der systolische Druck sollte maximal um rund ein Viertel in den ersten beiden Stunden der Behandlung abgesenkt werden. Zur Behandlung des hypertensiven Notfalls steht Nitrendipin als oral anzuwendende Lösung bereit. Über einen venösen Zugang können Urapidil und Clonidin verabreicht werden. Zusätzlich kann die Gabe eines Schleifendiuretikums erwogen werden. Die oft zu beobachtende Anwendung von Nitroglyzerin bei reiner Blutdruckkrise (ohne Angina Pectoris) erfolgt als Off-Label-Use außerhalb der Zulassung im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit.

Erfahrene Patienten, vor allem bei denen diese Erkrankung erblich bedingt ist und stark erhöhter Blutdruck deshalb mehr oder weniger regelmäßig auftritt, tragen für Notfälle oft Urapidil als Kapseln mit sich.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J. D. Blumenfeld, J. H. Laragh: Management of hypertensive crises: the scientific basis for treatment decisions. In: American journal of hypertension, Band 14, Nummer 11 Pt 1, November 2001, S. 1154–1167, ISSN 0895-7061. PMID 11724216. (Review).
  2. G. Mancia, R. Fagard et al.: 2013 ESH/ESC Guidelines for the management of arterial hypertension In: European Heart Journal, 2013, 34, S. 2206, doi:10.1093/eurheartj/eht151
  3. a b c Felix Mahfoud, Reinhold Kreutz et al. Pocket-Leitlinie: Management der arteriellen Hypertonie (Version 2018). Literaturnachweis: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2019)/Deutsche Hochdruckliga e.V. (DHL), ESC/ESH Pocket Guidelines. Management der arteriellen Hypertonie, Version 2018. Börm Bruckmeier Verlag GmbH, Grünwald, Kurzfassung der „2018 ESC/ESH Guidelines on the management of arterial hypertension“ (European Heart Journal; 2018 – doi:10.1093/ eurheartj/ehy339), ISBN 978-3-89862-986-7, (PDF 4,53 MB). Abgerufen am 2. April 2024
  4. Jens Kuhn: Symptom Kopfschmerz. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2476-1, S. 82. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. Bryan Wlliams et al., 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension: The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Hypertension (ESH), European Heart Journal, Volume 39, Issue 33, 01 September 2018, Pages 3021–3104, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy339, 25, August 2018, (PDF 3,01 MB), abgerufen am 3. April 2024.
  6. Herold Gerd: Innere Medizin. 2007, S. 268.
  7. Medikamentöse Behandlung hypertensiver Krisen. (Memento vom 14. Dezember 2010 im Internet Archive; PDF) In: medicalforum.ch