Heinrich Compenius der Ältere

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Heinrich Compenius der Ältere (* zwischen 1530 und 1540 in Fulda; † 2. Mai 1611 in Nordhausen) war ein deutscher Orgelbauer, Organist und Komponist.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Compenius (auch: Cumpenius, so die Schreibweise der Familie bis 1606) wurde als Sohn einer protestantischen Handwerkerfamilie Cumpen/Cumpan in den 1530er Jahren geboren. Angeblich soll er 1546 als Organist in Eisleben an der Trauerfeier für Martin Luther beteiligt gewesen sein,[1] was jedoch nicht nachgewiesen und wohl eine Legende ist.[2] Heinrich Compenius ist Begründer einer der einflussreichsten mitteldeutschen Orgelbauerfamilie im Zeitalter der Renaissance und des Frühbarock. Aus der Familie sind mehr als ein Dutzend überregional bedeutende Orgelbauer in drei Generationen hervorgetreten.[3]

Zwischen 1550 und 1560 zog Compenius nach Eisleben, wo er Organist von St. Andreas wurde. Dort heiratete er die Tochter des Pfarrers Andreas Görteler (1510–1553), Barbara Görteler (* zwischen 1540 und 1545 in Eisleben; † 1603 in Nordhausen). Mit ihr hatte er vier Söhne, die alle Orgelbauer wurden: Timotheus Compenius,[4] Esaias Compenius der Ältere, Heinrich Compenius der Jüngere und Jacob Compenius (Sohn oder Vetter?). Die Tochter Dorothea wurde am 7. Februar 1571 in St. Andreas, Eisleben getauft und heiratete Michel Hecklauer, den Vater des Organisten Johannes Heckelauer.[5] Nicht eindeutig ist, ob eine weitere namentlich nicht bekannte Tochter existierte, die mit Hans Hirschfelder verheiratet war.

Die Anstellung in Eisleben hatte Compenius mindestens bis 1572 inne. Dort verfasste er 1567 ein Traktat mit dem Titel Musica Teusch. Zur Ratswahl in Erfurt komponierte er 1572 die fünfstimmige Kantate „Gib Glück und Heil, Herr Jesu Christ“. Um 1576 zog die Familie nach Erfurt, wo Compenius als Mieter des Hauses „Zum schwarzen Horn“ in der Michaelsstraße nachgewiesen ist,[6] und ab etwa 1580 nach Nordhausen.

Er bevorzugte als Orgelbauer das System der Springlade, während sein talentierter Sohn Esaias Compenius der Ältere die Schleiflade favorisierte. Die ausschließliche Verwendung der Springlade weist auf einen niederländischen Einfluss hin.[2] 1589 kam es beim Neubau der Hettstedter Orgel zum Bruch mit seinem Sohn, der bis dahin mit ihm zusammengearbeitet hatte. Unklar ist, ob die unterschiedlichen Auffassungen zur Windlade der Anlass waren. Nachgewiesen ist, dass Vater und Sohn sich uneins geworden sind und der Vater sich verärgert aus dem Bau zurückgezogen hat.

Heinrich Compenius ist verschiedentlich bei Abnahmen von Orgeln nachgewiesen, so im Jahr 1596 bei dem legendären Organistentreffen anlässlich der Prüfung und Einweihung der Gröninger Orgel und im selben Jahr in Eisleben, St. Andreas, wo die Orgel umgebaut worden war, 1603 in Sondershausen. 1606 bewarb er sich als Organist in Frankenhausen, „dieweil ich sonsten mich orgelmachens zu begehen fest entschlossen“.[7]

Nachgewiesene Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1576 Gebesee Laurentiuskirche nicht erhalten
1579 Erfurt Predigerkirche 1647–1649 Pedaltürme und Rückpositiv durch Ludwig Compenius ergänzt; Gehäuse erhalten, enthält Orgelwerk III/56 von A. Schuke
1580–1582 Cönnern St. Wenzeslai II/P 16 nicht erhalten
1587 Harbke St. Levin I/P 12 1621 durch Neubau von Gottfried Fritzsche ersetzt[8]
1589 Hettstedt St.-Jacobikirche Umbau und neues Rückpositiv, gemeinsam mit seinem Sohn; nicht erhalten
1588–1590 Fritzlar Fritzlarer Dom II/P 27 gemeinsam mit Timotheus Compenius; nicht erhalten
1593 Altenburg Schloss Altenburg, Schlosskirche Reparatur; nicht erhalten

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Aumüller, Helga Brück, Ernst Bittcher: Die Compenius-Orgel der Prediger-Kirche in Erfurt. Die Familie Cumpenius/Compenius und der mitteldeutsche Orgelbau im 17. Jahrhundert. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. 73 (N.F. 20). Gütersloh 2012, S. 185–207 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Gerhard Aumüller, Wolf Hobohm, Dorothea Schröder: Harmonie des klanglichen und der Erscheinungsform. Die Bedeutung der Orgelbauerfamilien Beck und Compenius für die mitteldeutsche Orgelkunst der Zeit vor Heinrich Schütz. In: Schütz-Jahrbuch. Band 32, 2010, S. 51–105.
  • Gerhard Aumüller: Heinrich Cumpenius und sein Enkel Johannes Heckelauer. Zwei bedeutende Nordhäuser Orgelbauer der Spätrenaissance und des Frühbarock. In: Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein, Stadtarchiv und Museum Tabakspeicher (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte aus Stadt und Kreis Nordhausen. Band 36. Neukirchener, Nordhausen 2011, S. 7–32.
  • Salomon Kümmerle: Compenius, Familie. In: Encyklopädie der evangelischen Kirchenmusik. Band 1. Gütersloh 1888, S. 286 f.
  • Compenius. In: Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 42–44.
  • Winfried Schlepphorst: Compenius, Familie. In: Musik in Geschichte und Gegenwart 2. Personenteil, Band 4. Bärenreiter/Metzler, Kassel/Stuttgart 2000, Sp. 1438–1446.
  • Thekla Schneider: Die Orgelbauerfamilie Compenius. In: Archiv für Musikforschung. Band 2, 1937, S. 8–76.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Schlepphorst: Compenius, Familie. 2000, Sp. 1439.
  2. a b Aumüller, Brück, Bittcher: Die Compenius-Orgel der Prediger-Kirche in Erfurt. 2012, S. 186 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  3. Pape: Compenius. 2009, S. 42–44.
  4. In älterer Literatur wird Timotheus als Heinrichs Bruder bezeichnet, so beispielsweise Schlepphorst: Compenius, Familie. 2000, Sp. 1438. Nachgewiesen als Sohn ist er bei Günter Dippold: Timotheus Compenius (erwähnt 1585–1608). Orgelbauer und Organist. In: Günter Dippold, Alfred Meixner (Hrsg.): Staffelsteiner Lebensbilder. Staffelstein 2000, S. 51–54 (Staffelsteiner Schriften 11) ( online (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bezirk-oberfranken.de, PDF-Datei, gesehen 31. Dezember 2012).
  5. Aumüller, Brück, Bittcher: Die Compenius-Orgel der Prediger-Kirche in Erfurt. 2012, S. 189 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  6. Pape: Compenius. 2009, S. 42.
  7. Schlepphorst: Compenius, Familie. 2000, Sp. 1438.
  8. Orgel in Harbke, gesehen 28. Dezember 2012.