Heegner-Punkt

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Die Lage der Zahlen in der Ebene wird durch ihren Real- und Imaginärteil, auf der Re- bzw. Im-Achse eingetragen, bestimmt, wodurch jeder komplexen Zahl ein Punkt entspricht – ganz analog dazu, wie jede reelle Zahl als Punkt einer Zahlengeraden gedeutet werden kann. Das Bild zeigt die beiden Heegner-Punkte und in der oberen Halbebene.

Heegner-Punkte (benannt nach Kurt Heegner) sind Zahlen, die quadratische Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten lösen und die mit Punkten auf geometrischen Figuren, nämlich Modulkurven, verknüpft werden können. Die mittels der Verknüpfung gegebenen Punkte auf Modulkurven werden ebenfalls Heegner-Punkte genannt und sind Gegenstand der arithmetischen Geometrie. Sie spielen eine bedeutende Rolle in der Theorie der elliptischen Kurven und in der Klassenkörpertheorie. Heegner-Punkte unterscheiden sich von den namensähnlichen Heegner-Zahlen.

Die als Heegner-Punkte bezeichneten Lösungen der quadratischen Gleichung sind komplexe Zahlen mit ausschließlich positivem Imaginärteil. Beispielsweise ist die Zahl ein Heegner-Punkt, da sie den positiven Imaginärteil besitzt und die Gleichung erfüllt. Die Lösungen werden verwendet, um Punkte zu erzeugen, die die komplizierteren Gleichungen von Modulkurven oder elliptischen Kurven erfüllen. Der Mehrwert dieser Methode liegt darin, dass Heegner-Punkte anhand der quadratischen Gleichung einfach bestimmt werden können. Die damit erzeugten Punkte geben letztlich einige Auskunft über Fragestellungen aus der Zahlentheorie. Kurt Heegner verwendete sie, um Fragen der Zerlegung von Zahlen in elementarere multiplikative Bausteine nachzugehen, die analog zur Theorie der Primzahlen sind.

Indirekt sind Heegner-Punkte in Ideen involviert, die Kreiszahl auf viele Stellen nach dem Komma zu ermitteln. Sie sind ein Ausgangspunkt für den Chudnovsky-Algorithmus, mit dessen Hilfe bis heute (Stand 2023) über 100 Billionen Dezimalstellen von berechnet wurden.

Besondere Prominenz erhalten Heegner-Punkte im Themenkreis rund um die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer, eines der sieben Millennium-Probleme der Mathematik. Sie spielten die Schlüsselrolle bei der Frage, warum diese bis heute im Allgemeinen unbewiesene Hypothese nur in ganz bestimmten Fällen mit den bisher errungenen Erkenntnissen bewiesen werden konnte. Dies sind genau die Fälle, in denen die zugehörigen elliptischen Kurven – dies sind die Gegenstände der Vermutung – einen „unmittelbaren Bezug“ zu Heegner-Punkten haben. Über die Betrachtung unendlich vieler Heegner-Punkte gleichzeitig, sogenannter Heegner-Systeme, konnte Victor Kolyvagin in Kombination mit Resultaten von Benedict Gross und Don Zagier im Jahr 1988 zeigen, dass die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer im Falle der analytischen Ränge und wahr ist.

Bis heute gelten Heegner-Punkte als Objekte mathematischen Interesses, auch bei der Verwendung von Algorithmen, also rechnerischen Verfahren. Wichtige Beiträge zu deren Erforschung lieferten Bryan Birch, Henri Darmon, Peter Swinnerton-Dyer, Benedict Gross, Kurt Heegner, Winfried Kohnen, Victor Kolyvagin, Barry Mazur, Heinrich Weber, Zhang Wei, Don Zagier und Shou-Wu Zhang.

Grundlegende Einordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über Kurven und rationale Punkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schaubild des Kreises

Eine algebraische Kurve ist im Prinzip eine große Familie von Punkten, die alle eine gemeinsame algebraische Relation erfüllen. Das bedeutet, dass es eine Gleichung zu Null gibt, in der ausschließlich addiert, subtrahiert, multipliziert und dividiert wird, die von allen Punkten gleichzeitig erfüllt wird. Ein Beispiel ist die Gleichung ( wird lediglich mit sich selbst multipliziert und anschließend wird 1 vom Ergebnis subtrahiert), die genau von gelöst wird. Somit bildet die Familie die „Vorstufe“ einer Kurve, obgleich zwei Punkte noch nicht eine „kurvige“ Anschauung hervorrufen.

Ein erstes nicht-triviales und häufig genanntes Beispiel einer Kurve ist der Kreis mit Radius 1 und Mittelpunkt  in der Zahlenebene, der genau durch die Punkte gegeben ist, welche die Relation erfüllen. Es können also auch Punkte mit mehr als einer Koordinate Kurven bilden, und tatsächlich wird es auch erst hier „reichhaltiger“. Dass die reellen Lösungen der Gleichung einen Kreis bilden, kann mit dem Satz des Pythagoras bewiesen werden. Von Interesse ist, dass eine eigentlich geometrische Figur wie der Kreis von einer algebraischen Relation herrührt. Auch anderen Gebilden wie Geraden, Ebenen, Hyperbeln etc. liegen algebraische Gleichungen zugrunde.

Während der Kreis erst durch Betrachtung aller reellen Zahlen „lückenlos“ entstehen kann, so liegt etwa auf dem Kreis, da

ist es für die Zahlentheorie von Interesse, Punkte auf Kurven zu finden, die ganz besonders „einfach“ sind. Damit sind zum Beispiel rationale Punkte gemeint, die neben der ohnehin schon restriktiven Kurvenlage die Eigenschaft haben sollen, dass ihre Koordinaten durch Quotienten ganzer Zahlen beschrieben werden können. So ist es eine klassische Frage der Zahlentheorie, welche rationalen Punkte auf dem Kreis liegen. Zum Beispiel ist kein rationaler Punkt, da man weiß, dass die Quadratwurzel aus 2 keine rationale Zahl ist. Beispiele für rationale Punkte sind , da

aber auch sowie . Diese Punkte leiten sich aus den pythagoreischen Tripeln ab, also nicht-trivialen ganzen Zahlen mit . Es kann über elementare Methoden gezeigt werden, dass es unendlich viele primitive pythagoreische Tripel gibt, also solche, die nicht ganze Vielfache anderer Tripel sind, weshalb der Kreis tatsächlich „übersät“ mit rationalen Punkten ist, siehe dazu auch in den Artikel Gruppe der rationalen Punkte auf dem Einheitskreis.[1] Allgemein gelten quadratische Kurven hinsichtlich rationaler Punkte als weitgehend verstanden.[2]

Bereits durch dieses Beispiel wird eine Synthese aus Geometrie (Figuren, hier ein Kreis), Algebra (Gleichungen, die nur Grundrechenarten verwenden) und Zahlentheorie (rationale Zahlen) erkennbar.

Elliptische Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reelles Schaubild der elliptischen Kurve . Zu sehen sind der Querschnitt eines geschlossenen Schlauchs und ein scheinbar offener Schlauch. Fügt man jedoch die beiden in die unendliche Ferne zeigenden Stücke gedanklich zusammen, ergibt sich aus topologischer Sicht nach Hinzufügen eines unendlich fern liegenden zusammenschließenden Punktes (der formal als Lösung hinzugezählt wird) ein zweiter kreisartiger Abschnitt. Beide „Kreise“ sind Querschnitt einer ganzen Fläche von Lösungen, die bei Betrachtung beliebiger komplexer Zahlen hinzukommen würden. Der Querschnitt wurde jedoch nicht im drei-, sondern im vierdimensionalen Raum gemacht (siehe unten).

Bei Weitem nicht so zugänglich sind sogenannte elliptische Kurven (über den rationalen Zahlen),[3] die allgemein in der Form mit rationalen Zahlen beschrieben werden können. Während der geometrischen Figur des Kreises eine quadratische Gleichung zugrunde lag, handelt es sich bei einer elliptischen Kurve um eine kubische Gleichung (also mit Termen hoch 3). Das Besondere an elliptischen Kurven ist, dass man aus zwei bereits bekannten (rationalen) Punkten und über eine Verknüpfung einen neuen rationalen Punkt berechnen kann, genauso wie man aus zwei ganzen Zahlen mit der Addition eine neue ganze Zahl erzeugen kann.[4] Bei der Addition eines rationalen Punktes zu sich selbst können zwei Situationen eintreten: Entweder der betrachtete Punkt ist von endlicher Ordnung und schließt einen endlichen Zyklus, d. h., irgendwann tritt die Situation ein und es geht von vorne los, oder es entstehen bis ins Unendliche immer neue Punkte, was vergleichbar mit der Erzeugung aller natürlicher Zahlen durch ist. In diesem Fall sagt man, dass unendliche Ordnung hat. Gelegentlich spricht man bei Punkten endlicher Ordnung auch von trivialen und bei welchen mit unendlicher Ordnung auch von nicht-trivialen Punkten.

Die Theorie der elliptischen Kurven ist äußerst umfangreich,[5] zahlentheoretisch im Zusammenhang mit dem großen Satz von Fermat von Bedeutung[6] und wird von Mathematikern wie Henri Cohen auf den Umfang vieler tausend Seiten (in moderner mathematischer Sprache) geschätzt.[7] Trotz ihrer Strukturen sind manche ihrer Eigenschaften bis heute nicht geklärt. So kennt man bis heute keinen allgemeinen Algorithmus, der endlich viele rationale Punkte liefert, mit deren Hilfe alle anderen rationalen Punkte auf der Kurve durch Verknüpfung gewonnen werden können (eine positive Antwort auf die starke Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer würde jedoch einen solchen Algorithmus liefern).[8][9] Jedoch können Heegner-Punkte in manchen Fällen dabei helfen, nicht-triviale rationale Punkte zu erzeugen.

Was elliptische Kurven über den rationalen Zahlen, neben ihrer Fähigkeit einer Punktaddition, so in den Fokus des Interesses rückt, ist die Tatsache, dass sie die einzigen Kurven sind, die endlich, aber auch unendlich viele rationale Punkte haben können. Elliptische Kurven haben nämlich das Geschlecht und nach der Vermutung von Mordell, bewiesen von Gerd Faltings, haben Kurven von Geschlecht mit einem rationalen Punkt bereits unendlich viele rationale Punkte, während Kurven von Geschlecht stets nur endlich viele rationale Punkte haben können.[10] Für seine Leistung wurde Faltings 1986 mit der Fields-Medaille geehrt.[11]

Parametrisierung von elliptischen Kurven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch bzw. wird der Kreis mit Radius 1 und Mittelpunkt im Ursprung in der reellen bzw. komplexen Ebene parametrisiert. In oberem Schaubild ist .
Über den komplexen Zahlen kann die Punktmenge einer elliptischen Kurve als Torus (Donut) dargestellt werden. Dabei wurde jedoch die (vormals stark verzerrte) Fläche des Lösungsgebildes der Gleichung stetig in die gezeigte idealisierte Form gebracht. Dabei ist zu beachten, dass die ursprüngliche Punktmenge eine (reell) zweidimensionale Fläche (komplex eindimensional) und Teilmenge des (reell) vierdimensionalen Raums war, jedoch nach der Transformation auf dem Bild zur Veranschaulichung in den dreidimensionalen Raum gesetzt wurde.[12]

Die Eigenschaft einer elliptischen Kurve, über den komplexen Zahlen ein Donut zu sein, kann dadurch erklärt werden, wie sich diese parametrisieren lässt.[13]

Eine Parametrisierung ist eine Abbildung von einem „einfachen“ Parameterobjekt in ein „kompliziertes“ Zielobjekt, mit dessen Hilfe durch Einsetzen von beliebigen Eingaben (Parametern) des Parameterobjekts beliebige nicht-triviale Teile des Zielobjekts erzeugt werden können. Mit „einfach“ ist gemeint, dass das Parameterobjekt in erster Linie ein „bekanntes Parameterobjekt“ ist, über das genügend Wissen vorhanden ist und aus dessen Vorrat nun nacheinander Werte eingesetzt werden, um damit ein anderes (unbekanntes, komplizierteres oder strukturell anspruchsvolleres) Objekt aufzubauen. Oft handelt es sich sowohl bei den Ein- als auch bei den Ausgaben um Punkte, die in ihrer Kollektion ein geometrisches Objekt darstellen.

Ein Beispiel einer Parametrisierung ist die des Kreises: Das „einfache“ Parameterobjekt ist hierbei das Intervall , also alle reellen Zahlen zwischen 0 und 1, über dessen Inhalt wir kanonisch verfügen, und das „komplizierte“ Zielobjekt der Kreis, wobei eine mögliche Abbildung

ist. Nach dem Satz des Pythagoras ist unabhängig von der Eingabe , womit aufgrund der Periodizität und Stetigkeit von Sinus und Kosinus der gesamte Kreis erzeugt wird. Nutzt man die Veranschaulichung der komplexen Zahlen (mit reellen Zahlen ) als Punkte , vereinfacht sich die Parametrisierung zu

Für den Zusammenhang zwischen Sinus, Kosinus und der komplexen Exponentialfunktion siehe auch Eulersche Formel. Aus geometrischer bzw. topologischer Sicht wird das Intervall , ein „Faden“ mit einer Längeneinheit, an beiden Enden genommen und zu einem Kreis zusammengeschlossen.[14]

Das Besondere an der Kreisparametrisierung ist, dass sie von einer transzendenten Funktion generiert wird, nämlich . Dabei bedeutet transzendent, dass es kein allgemeines Prinzip gibt, die Funktionswerte durch endlich viele Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen oder Divisionen aus den Eingaben und festen Zahlen zu erzeugen. Unter diesen Umständen ist eigentlich zu erwarten, dass die Funktionswerte unter rationalen Eingaben keine besondere Struktur haben (es ist zwar ein Körper, aber es wird nicht gefordert, dass dieser unter unendlich vielen algebraischen Operationen immer noch abgeschlossen sein muss). Erschwerend machen die algebraischen Zahlen im asymptotischen Sinne 0 % aller komplexen Zahlen aus, weshalb ein „Zufall“ ausgeschlossen wäre. Tatsächlich aber kann mittels Potenzgesetzen gezeigt werden, dass jeder der Werte mit rationalen Zahlen eine algebraische Zahl ist, nämlich der Gleichung genügt. Die Algebraizität überträgt sich dann auf die einzelnen Komponenten und . Demnach sind alle rationalen Zahlen in gewisser Weise die „Heegner-Punkte des Kreises“, da diese unter der Parametrisierung algebraische Punkte auf dem Kreis erzeugen. Beispielsweise ist

wobei auf dem Einheitskreis liegt (siehe oben).

Bei der Parametrisierung einer Menge von Punkten , die alle gemeinsam eine Gleichung erfüllen, also einer elliptischen Kurve, wird im Prinzip genauso verfahren. Da diese mittels elliptischer Funktionen erfolgt, werden statt reeller Werte dieses Mal komplexe Zahlen in die Parameterfunktionen eingesetzt.[13] Gesucht ist auch hier ein Funktionenpaar und , ähnlich wie Sinus und Kosinus, sodass für jedes aus den komplexen Zahlen gilt. Nach Einsetzen eines Wertes lassen sich auch dann Koordinaten der Kurve abschreiben. Auch hier bedient man sich periodischer Funktionen, die jedoch von vornherein auf den komplexen Zahlen definiert werden. Als solche ordnen sie jedem Punkt einer Ebene (= jeder komplexen Zahl) eine komplexe Zahl zu. Als passende Objekte bieten sich die Weierstraßschen ℘-Funktionen an.

Diese Form der Parametrisierung ist aus Sicht der Funktionentheorie elementar, gibt aber noch keine Auskünfte über rationale Punkte auf der Kurve. Dafür muss eine andere, weit schwierigere, Parametrisierung betrachtet werden, siehe unten.

Definition von Heegner-Punkten über quadratische Gleichungen und Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heegner-Punkte sind komplexe Zahlen mit positivem Imaginärteil, die irgendeine quadratische Gleichung der Form mit ganzen Zahlen lösen. Es wird stets davon ausgegangen, dass und als größten gemeinsamen Teiler die haben. Wegen der Lösungsformel/Mitternachtsformel drückt sich die Lösung mit positivem Imaginärteil der quadratischen Gleichung durch

aus, wobei im letzten Schritt gesetzt wurde. Die Zahl unter der Wurzel, nämlich wird als negativ gefordert, da sonst die Wurzel keine imaginäre Zahl erzeugen würde. Sie heißt auch die Diskriminante des Heegner-Punktes und wird manchmal als notiert.

Darüber hinaus ist es entscheidend, Heegner-Punkten, neben ihrer Diskriminanten, weitere Daten zuzuordnen. Dies geschieht, um sie bei späteren Rechnungen mit passenden Objekten in Verbindung bringen zu können. Ferner sind diese Daten Teil der vollständigen Definition eines Heegner-Punktes und geben Auskunft darüber, auf welcher geometrischen Figur er später „gefunden“ werden kann. Zum einen hat man das Level von , das aus der Gleichung abgelesen werden kann. Es ist eine positive ganze Zahl , die teilt, sodass der größte gemeinsame Teiler von und gleich ist. Es hat die Eigenschaft, dass der Heegner-Punkt die gleiche Diskriminante hat wie .

Ähnlich wie sich bei der Identifikation der reellen Punkte die alleinige Betrachtung des Intervalls anbietet, kann bei der Level-1-Identifizierung von Punkten der oberen Halbebene der graue Bereich gewählt werden. Erhöht man das Level, so müssen eventuell weitere blau umrandete Bereiche hinzugenommen werden.
Schaubild der j-Funktion. Diese bleibt unverändert, wenn man von einem Fundamentalbereich in den anderen wechselt. Wechsel zwischen den Fundamentalbereichen drücken sich nicht nur durch aus (Periodizität), sondern auch durch (Stürzung). Dies ist eine Art der „Doppelsymmetrie“, die jener der ℘-Funktionen ähnelt.

Eine sehr wichtige Eigenschaft von Heegner-Punkten des Levels und der Diskriminante ist, dass jede aus diesen umgeformte Zahl

mit ganzen Zahlen , sodass gilt, wieder ein Heegner-Punkt von Level und Diskriminante ist. Dabei handelt es sich um eine Transformation mittels sog. Kongruenzuntergruppen. Es ist sogar möglich, mit all diesen Punkten zu identifizieren, da all diese wichtigen Eigenschaften nach der Transformation erhalten bleiben. Man nennt zwei miteinander identifizierte Punkte äquivalent. Beispielsweise sind auf Ebene von Level 1 die Punkte , und zueinander äquivalent. Jedoch sind und nicht äquivalent bei Level 11, jedoch noch und . Generell steigt die Anzahl der möglichen Äquivalenzklassen mit dem Level an.

Dadurch wird motiviert, dass nur ein kleiner Teil von Heegner-Punkten auf der oberen Halbebene überhaupt betrachtet werden muss, da die dazu äquivalenten wegfallen. Man sagt auch, dass man die Klassen zueinander äquivalenter Punkte betrachtet. Dieses Identifizierungs-Prinzip lässt sich durch ein bekannteres Beispiel veranschaulichen: Es ist möglich, eine beliebige reelle Zahl mit allen Zahlen zu identifizieren, die von der Form sind, wobei eine ganze Zahl ist. Somit hätten und dieselben „Eigenschaften“. Nach Berücksichtigung dieser Äquivalenz ist es ausreichend, das Intervall statt ganz zu studieren und 1-periodische Funktionen wie behandeln äquivalente Punkte gleich. Der auf dem rechten Bild gezeigte graue Bereich ist eine Fläche, auf der die Klassen bezüglich Level 1 zusammengefasst sind – jedoch wäre auch jeder andere von blauen Linien umrandete Bereich wählbar. Es ist daher naheliegend, Funktionen auf der oberen Halbebene zu betrachten, die beim Wechsel zwischen zueinander äquivalenten (Heegner-)Punkten bzw. zwischen verschiedenen Identifizierungsbereichen ihren Wert nicht ändern, so wie seinen Wert beim Wechsel von zu nicht ändert. Für die Level-1-Klassen ist eine solche invariante Funktion die sog. j-Funktion. Zum Beispiel ist

usw. Und genau wie aus einen Kreis – durch Biegen und an beiden Enden verkleben – parametrisiert, formt aus dem Level-N-Identifizierungsbereich eine Modulkurve. Diese nennt man auch . Unter dieser Abbildung verwandeln sich Heegner-Punkte mit Level zu Punkten auf der entsprechenden Modulkurve, werden aber weiterhin so bezeichnet. Als Kurven bestehen Modulkurven aus Punkten, die eine algebraische Gleichung lösen, siehe unten.

Die Anzahl der Klassen von Heegner-Punkten unter obiger Identifizierung hängt nach fester Wahl einer Diskriminante eng mit der Klassenzahl des Körpers zusammen. Fixiert man eine Diskriminante, so liegen außerdem stets nur endlich viele Heegner-Punkte des betrachteten Levels und dieser Diskriminante in einem Identifizierungsbereich. Es gilt, dass die Anzahl „im Wesentlichen“ genau der Klassenzahl entspricht – hier wurden jedoch gewisse Transformationen ähnlich zu denen der Kongruenzuntergruppen noch nicht berücksichtigt, die ebenfalls Heegner-Punkte auf solche mit gleichen Eigenschaften senden. Diese nennt man auch Involutionen. Da sie aber nicht Teil der Kongruenzuntergruppen sind, werden die dadurch verwandten Punkte auch nach der Identifizierung durch die Kongruenzuntergruppe noch unterschieden. Erst nach erneuter Identifizierung von Klassen, die mit Involutionen auseinander hervorgehen, sind es schließlich genau so viele Klassen wie die Klassenzahl von .[15]

Der bereits in der Einleitung gezeigte Punkt

ist ein Heegner-Punkt mit Level 1, denn es gilt

Ein Beispiel für einen Heegner-Punkt mit Level 3 ist

der mit der quadratischen Form mit Diskriminante korrespondiert. Ferner ergibt sich, dass zum Beispiel auch

ein Heegner-Punkt mit Level 3 und Diskriminante  ist, denn .

Von Modulkurven zu elliptischen Kurven: Eine Veranschaulichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Parametrisierung , mit der Weierstraßschen ℘-Funktion, beschreibt zwar die Figur einer elliptischen Kurve, bringt aber keine zahlentheoretischen Informationen. Um rationale Punkte auf einer elliptischen Kurve konstruieren zu können, müssten einfache Punkte auf der Periodenmasche bekannt sein, sodass die Koordinaten rational sind. Solche hypothetischen „Heegner-Punkte“ gibt es im Allgemeinen jedoch nicht, bzw. sie können nicht einfach erraten werden. Dank des Modularitätssatzes, der nach längerer Zeit von Andrew Wiles und anderen bewiesen werden konnte, ist allerdings bekannt, dass es noch eine weitere Art gibt, elliptische Kurven , die über den rationalen Zahlen definiert sind (also mit ), zu parametrisieren. Auch in diesem Falle ist die Funktion, die bei der Abbildung eine Rolle spielt, periodisch und transzendent. Jedoch ist die Abbildung deutlich komplizierter als die Variante mittels der Weierstraßschen ℘-Funktionen. Beim Parameterobjekt handelt es sich um die obere Halbebene, also alle komplexen Zahlen mit positivem Imaginärteil.

Dafür wird der Führer der elliptischen Kurve ausgerechnet, eine positive ganze Zahl. Dieser sagt aus, dass die elliptische Kurve von der Modulkurve parametrisiert wird: Da die parametrisierende Funktion auf der oberen Halbebene unter Substitution mit ganzen Zahlen auf der elliptischen Kurve unverändert bleibt, ist dies mathematisch sinnvoll. Zwar wirkt das Parameterobjekt jetzt viel komplizierter, aber im Gegensatz zur elliptischen Kurve bzw. Periodenmasche können auf diesem Objekt manche algebraischen Punkte (ggf. sogar rationale Punkte) direkt erraten werden – die sog. Heegner-Punkte. Der Schlüssel zu der Erkenntnis, dass die Punkte mit einem Level-N-Heegner-Punkt algebraische Koordinaten haben, ist, dass sich die quadratische Gleichung zu

umformen lässt. Aus den Invarianzeigenschaften von kann argumentiert werden, dass es dann bereits ganze Zahlen gibt, sodass

ist. Ähnliches gilt für . Die von Wiles vorhergesagte direkte, transzendente Parametrisierung kann damit in zwei, in der Theorie, einfachere Abbildungen zerlegt werden, von denen die erste eine Zwischenparametrisierung der Modulkurve vorsieht. Dadurch wird der algebraische Charakter der Gesamtabbildung an den Heegner-Punkten sichtbar. Durch die Unterteilung geht die Abbildung von der oberen Halbebene in die Modulkurve und von der Modulkurve in die elliptische Kurve anstatt von der oberen Halbebene direkt in die elliptische Kurve:

  • Parametrisierung der Modulkurve analog zur elliptischen Kurve: Über die j-Funktion werden Punkte von der oberen Halbebene mittels abgebildet, die eine Gleichung lösen, wie in etwa . Dabei ist eine bestimmte natürliche Zahl, die auch Führer der späteren elliptischen Kurve genannt wird.
  • Abbildung von Punkten auf der Modulkurve, die also jene sehr komplizierte Gleichung lösen, auf Punkte der elliptischen Kurve mit Führer , die die Gleichung lösen. Hier kommen keine Funktionen wie Sinus, Kosinus, ℘ oder j ins Spiel, sondern es handelt sich um eine schlichte algebraische Abbildung.[16] Das bedeutet, dass Punkte , die die Gleichung der Modulkurve erfüllen, auf Punkte abgebildet werden, die die Gleichung der elliptischen Kurve lösen, wobei und Polynome in zwei Variablen sind. Ein Beispiel für eine algebraische Abbildung wäre von der Kurve auf die Normalparabel . Es war eine der großen Leistungen von Andrew Wiles zu erklären, dass die (parametrisierende) Abbildung zwischen Modulkurve und elliptischer Kurve algebraisch ist. Dies ist bemerkenswert, weil die Funktion auf der oberen Halbebene transzendent war.

Es ist in der Praxis schwierig, sowohl die Gleichung der Modulkurven als auch die Polynome und explizit anzugeben, da diese mit steigendem Führer schnell kompliziert werden. Es wird daher bei berechnenden Algorithmen stets der Weg von der oberen Halbebene direkt in die elliptische Kurve gewählt, siehe unten.

Zusammenfassend: Da algebraische Punkte auf der Modulkurve mittels Heegner-Punkten und der j-Funktion „direkt ausgerechnet“ werden können und die folgende algebraische Abbildung von der Modulkurve in die elliptische Kurve die Algebraizität beibehält, werden durch dieses Verfahren algebraische Punkte auf der elliptischen Kurve generiert. Dies ist der analoge Teil zum Kreis – hier konnten mittels der transzendenten Funktion direkt algebraische Werte auf dem Kreis ausgerechnet werden (also spielt das Intervall hier die Rolle der oberen Halbebene).

Es ist selbst in der Praxis unüblich, die Gleichungen, die eine Modulkurve definieren, hinzuschreiben, da diese sog. modular equations sehr schnell sehr kompliziert werden. Bereits im Fall findet man[17]

Durch einen einzelnen Heegner-Punkt wird zunächst noch kein rationaler Punkt auf der elliptischen Kurve geboren. Auch im Gegensatz zum Kreis stammen Heegner-Punkte nicht aus den rationalen Zahlen, sondern liegen, wenn in der oberen Halbebene und nicht auf der Modulkurve startend, in einem quadratischen Körper mit einer ganzen Zahl . Dann ist die betreffende Diskriminante. Werden jedoch mehrere verwandte Heegner-Punkte geschickt miteinander verrechnet, kann in manchen Fällen gewährleistet werden, dass die damit erzeugten Punkte auf der elliptischen Kurve sogar rational sind. Die Anzahl der Heegner-Punkte, die benötigt wird, hängt dabei von der Klassenzahl des quadratischen Körpers ab, in dem sie liegen.

Die betrachtete Parametrisierung kann also, mitsamt diesem Prinzip, als eine verallgemeinerte Version von angesehen werden.

Der Modularitätssatz und Heegner-Punkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist bei der Berechnung rationaler Punkte auf elliptischen Kurven nicht sinnvoll, über die Gleichungen zu gehen, die Modulkurven definieren, siehe oben, sondern stattdessen wird direkt von der oberen Halbebene aus parametrisiert. Mittels der Parametrisierung von Wiles werden Heegner-Punkte, also Lösungen quadratischer Gleichungen mit positivem Imaginärteil, durch die Funktion auf einen Wert gesendet, der auf der zur elliptischen Kurve gehörigen Periodenmasche liegt. Von dort aus kann über Anwendung der entsprechenden ℘-Funktionen auf ein Tupel gesendet werden, sodass . Gleichzeitig haben diese ausgewählten und beide gute algebraische Eigenschaften, erfüllen für sich genommen also eine algebraische Gleichung. Im besten Falle handelt es sich bei um einen rationalen Punkt.

Aus den Daten kann, das konnte Wiles zeigen, mittels eines Algorithmus die Parametrisierung gewonnen werden. Für diesen ist es zunächst wichtig, dass beide rational sind. Zum Beispiel trifft dies bei der Kurve zu. Für die Konstruktion von muss über Primzahlen betrachtet werden. Das bedeutet, dass bei einer Primzahl nur noch mit den Restklassen bei Teilung durch gerechnet wird. Zum Beispiel ist modulo , da durch teilbar ist, also sowohl als auch nach Division mit den gleichen Rest lassen. Bei der Konstruktion von muss die Gleichung nur noch unter Aspekten der Restgleichheit betrachtet werden, aber theoretisch für alle Primzahlen nacheinander. Beispielsweise hätte man für nur zu prüfen, ob die vier Punkte auf der modulo reduzierten Kurve liegen, da und die einzigen Reste modulo sind. Durch Einsetzen in oberer Reihenfolge in findet man , wobei die Aussagen und modulo beide wahr sind, da die Restklassen übereinstimmen. Also liegen hier 2 Punkte auf der Kurve. Ähnlich kann modulo beliebiger Primzahlen verfahren werden, und damit wird eine Folge ganzer Zahlen über die Lösungsanzahlen erzeugt. Aus dieser Folge kann wiederum eine Folge ganzer Zahlen ermittelt werden, welche die Funktion kodiert, die später zum Aufbau der Parametrisierung eingesetzt werden kann. Sie entsteht durch Bilden der Fourierreihe

.

Außerdem konnte Wiles beweisen, dass diese Funktion nicht nur, wegen der Fourierreihe, periodisch ist, sondern sogar noch weitere Transformationseigenschaften hat. Diese Transformationseigenschaften machen zu einer Modulform und erlauben es, dafür zu benutzen, auf der oben beschriebenen Modulkurve Integrale auszurechnen. Setzt man in das Integral

einen Heegner-Punkt ein, wobei der Punkt unendlich weit oben auf der oberen Halbebene ist, ist das Ergebnis zunächst eindeutig bestimmt. Die Summe als Ergebnis des Integrals wurde durch summandenweise Anwendung des Fundamentalsatzes der Analysis und der Regel, dass Stammfunktion von ist, gewonnen. Man will jedoch nicht mehr die obere Halbebene, sondern die Modulkurve betrachten, denn Wiles’ Parametrisierung ist eine zwischen algebraischen Kurven und nur als solche kann sie eine algebraische Abbildung darstellen. Demnach müsste das Integral eigentlich unverändert bleiben, wenn man statt Heegner-Punkte einsetzt, die mit nach Verbiegen und Falten von Fundamentalbereichen zu einem Donut identifiziert werden. Man kann zeigen, dass die Eindeutigkeit als komplexe Zahl zwar verloren geht, jedoch wieder hergestellt wird, falls man das Ergebnis auf einer Periodenmasche sieht und es egal ist, welche Masche genau gewählt ist. Diese Periodenmasche gehört im Regelfall genau zur zu Beginn betrachteten expliziten elliptischen Kurve. Damit liegt das Ergebnis aber schon auf der betrachteten elliptischen Kurve und hat dort gute Eigenschaften.

Einordnung der zahlentheoretischen Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Umfeld der Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer, benannt nach Bryan Birch und Peter Swinnerton-Dyer, spielen Heegner-Punkte eine wichtige Rolle. Diese Vermutung trifft eine Aussage über den sog. Rang einer elliptischen Kurve über den rationalen Zahlen. Der Rang ist eine nicht-negative ganze Zahl und beschreibt die Größenordnung der Anzahl rationaler Punkte auf einer elliptischen Kurve.

Geometrische Interpretation der Addition auf einer elliptischen Kurve: Durch die zu addierenden Punkte verläuft eine Gerade, die einen dritten Punkt auf der Kurve schneidet. Spiegelt man diesen Punkt am unendlich fernen Punkt, also an der -Achse, ergibt sich das Ergebnis der Addition.

Ein Rang von 0 bedeutet dabei, dass nur endlich viele rationale Punkte auf der Kurve liegen. Das hat zur Konsequenz, dass jeder rationaler Punkt endliche Ordnung haben muss, also bei beliebig häufiger Addition mit sich selbst in ein sich wiederholendes Muster verfällt.

Ab Rang 1 haben die Kurven stets unendlich viele Punkte. Dennoch kann hier noch zwischen dem Ausmaß des Unendlichen differenziert werden. Je höher der Rang, desto „mehr“ Punkte hat die Kurve. Das Ausmaß der Häufigkeit wird daran bemessen, wie viele Punkte benötigt werden, um alle Punkte der Kurve durch Addieren und Subtrahieren dieser ausgewählten Punkte zu erzeugen. Ganz in diesem Sinne hat die Menge der unendlich vielen ganzzahligen 2-Tupel Rang 2, denn man benötigt zwei Punkte, um additiv alle Punkte durch Addieren und Subtrahieren zu gewinnen, etwa und , zum Beispiel ist

durch komponentenweise Addition. Hingegen hat nur den Rang 1, da jede ganze Zahl durch Additionen oder Subtraktionen der mit sich selbst erzeugt werden kann – also nur einem Element.

Die eigentliche Vermutung sagt aus, dass der Rang einer elliptischen Kurve über den rationalen Zahlen aus deren „analytischen Daten“ abgelesen werden kann. Damit ist genau die von Wiles erzeugte Modulform gemeint, die ein Objekt der komplexen Analysis und „nicht der Algebra“ ist. Aus kann die sog. L-Funktion der zugehörigen elliptischen Kurve berechnet werden: Sie entsteht auch aus den Zahlen

Es handelt sich hierbei um eine sog. Dirichletreihe. Diese lässt sich nach Wiles zu einer für alle komplexen Zahlen gültigen Funktion ausweiten. Die Vermutung sagt aus, dass die Nullstellenordnung von im Punkt gerade dem Rang von entspricht. Sie gehört zu den wichtigsten Problemen der Mathematik und verbleibt bis heute ungeklärt.

Jedoch konnte dieses Problem im Falle der Ränge 0 und 1 mit Hilfe von Heegner-Punkten gelöst werden. Den Durchbruch lieferte die Kombination zweier mathematischer Aufsätze, der eine von Benedict Gross und Don Zagier, der andere von Victor Kolyvagin. Die Leistung von Gross und Zagier bestand darin, zu erkennen, dass sich die kanonische Höhe der durch Heegner-Punkte konstruierten rationalen Punkte auf einer elliptischen Kurve durch L-Funktionen an der Stelle ausdrücken lässt. Dabei ist die kanonische Höhe ein Maß für die Komplexität eines Punktes auf der Kurve. Für die Definition der kanonischen Höhe definiert man zuerst eine naive Höhe, die jedem Punkt zuordnet, wie schwierig die in ihm enthaltenen rationalen Zahlen sind. Beispielsweise ist eine „einfachere“ rationale Zahl als , da die benötigten Zahlen bei den vollständig gekürzten Brüchen im ersten Fall kleiner waren. Man schreibt dann als naive Höhe des Punktes und hätte rein exemplarisch durch logarithmischen Zuwachs in der größten auftauchenden Zahl

Die kanonische Höhe von wird nun definiert durch

wobei also im rechten Bruch der Parameter gegen Unendlich strebt. Die Idee ist, dass die kanonische Höhe für einen sich in der Addition ständig wiederholenden Torsionspunkt einfach ist, da sich dann der Zähler des Bruchs wiederholt und damit beschränkt ist, während der Nenner wegen immer größer wird. Andersherum kann gezeigt werden, dass im Falle eines Punktes unendlicher Ordnung ein Wert größer als heraus kommt, da die Summen , , usw. immer kompliziertere rationale Komponenten enthalten. Gross und Zagier konnten beweisen, dass bis auf einen Vorfaktor der Größe entspricht. Hat nun eine Nullstelle der Ordnung 1 in , dann hat ihre Ableitung keine Nullstelle in .

Victor Kolyvagin zeigte aber, dass wenn der durch Heegner-Punkte generierte rationale Punkt unendliche Ordnung hat, die Kurve tatsächlich schon den Rang 1 hat. Aus der Formel von Gross und Zagier kann dieses Szenario dann aber anhand der L-Funktion abgelesen werden, nämlich nur dann, wenn die L-Funktion die Ordnung 1 in hat, und somit ist die von Birch und Swinnerton-Dyer vorhergesagte Beziehung zwischen Rang und Nullstellenordnung einer L-Funktion hier hergestellt.

Körper und Klassenzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mathematik ist man an Mengen interessiert, die bezüglich möglichst vieler Strukturen abgeschlossen sind. Eine Menge erhält dann zusätzliche Struktur, wenn es Verknüpfungen zwischen ihren Elementen gibt. Betrachtet man zum Beispiel die Menge der ganzen Zahlen , so fällt auf, dass diese unter den Verknüpfungen Addition und Multiplikation abgeschlossen ist: Addiert oder multipliziert man zwei ganze Zahlen, wird das Ergebnis wieder eine ganze Zahl sein und man hat die ursprüngliche Menge nicht verlassen. Noch strukturierter ist es jedoch, wenn man auch dividieren darf. Dies wird in den ganzen Zahlen jedoch nicht immer möglich sein, da zum Beispiel keine ganze Zahl ist. Daher muss hier der Bereich erweitert werden, um auch eine Abgeschlossenheit unter Division zu erhalten. Im Falle von gelangt man damit zu den rationalen Zahlen . Es muss noch gefordert werden, dass es eine „0“ und eine „1“ gibt (neutrale Elemente der Addition und Multiplikation), sodass man mit der Tatsache/Regel für alle Zahlen eine algebraische Struktur erhält, die auch Körper genannt wird.

Natürlich ist nicht der einzige Körper. So ist die Menge der reellen Zahlen ebenfalls ein Körper, da auch hier die oben beschriebenen Regeln gelten. Jedoch gibt es weit mehr reelle als rationale Zahlen, weshalb viele Fragestellungen der Zahlentheorie, gerade bezogen auf Zerlegung von Zahlen in „elementarere Zahlen“, hier nicht mehr sinnvoll sind. In der Zahlentheorie interessiert man sich daher besonders für Körper, die dem der rationalen Zahlen viel mehr ähneln als die reellen Zahlen. Denkbar ist es, sich einzelne nicht-rationale Zahlen hinzuzunehmen, und daraus durch Bilden aller möglichen Summen, Produkte und Quotienten einen neuen Körper zu konstruieren. So ist zum Beispiel die Menge , bestehend aus allen Zahlen der Form mit rationalen Zahlen , wieder ein Körper. Man spricht bei einer solchen Erweiterung der rationalen Zahlen von einem Zahlkörper.

Die Klassenzahl und damit Heegner-Punkte kommen dort ins Spiel, wo es darum geht, die ganzen Zahlen als Verwandten der rationalen Zahlen zu sehen, da letztere gewissermaßen durch Quotientenbildung aus ihnen hervorgehen. Auch bei Zahlkörpern kann man solche zugehörigen „ganzen Zahlen“ finden, jedoch müssen diese nicht mehr nur sein, sondern können weitere Elemente enthalten. Ganze Zahlen im Körper wären in etwa

im Gegensatz zu allgemeinen Körperelementen wie

Auch bei Arten verallgemeinerter ganzer Zahlen kann untersucht werden, ob es eine (bis auf Elemente wie einfache Vorzeichen und natürlich Reihenfolge) eindeutige Zerlegung in „Primzahlen“ gibt. In ist dies bekanntermaßen der Fall, zum Beispiel ist mit den Primzahlen und , und es gibt keine anderen Zerlegungsmöglichkeiten, außer Vorzeichen- und Reihenfolgenwechsel wie zum Beispiel . Also ist gewissermaßen zahlentheoretisch „gutartig“ – es gibt nur eine Klasse von Zerlegungsmöglichkeiten. Im Falle beliebiger Zahlkörper kann es aber passieren, dass es in deren ganzen Zahlen keine eindeutige Zerlegbarkeit mehr in „Primzahlen“ (allgemeiner Primelemente genannt) gibt. Ein Beispiel für fehlende Eindeutigkeit ist

mit den vier Primelementen in den ganzen Zahlen von .[18] Für die letzte Umformung kann als Differenz zweier Quadrate geschrieben werden, was sich dann zum Produkt aus Summe und Differenz der beiden Basen und faktorisieren lässt. Es kann nun gemessen werden, wie stark die Situation vom „Idealfall“ einer eindeutigen Zerlegbarkeit abweicht. Dieser Fehler wird als Klassenzahl des Zahlkörpers bezeichnet und ist eine natürliche Zahl. Zum Beispiel hat der Körper der rationalen Zahlen die Klassenzahl 1.[19]

Die Bestimmung der Klassenzahl eines Zahlkörpers ist im Allgemeinen ein sehr schwieriges Unterfangen und es gibt bis heute viele ungelöste Probleme in diesem Bereich.[20] Heegner-Punkte können (indirekt) dazu verwendet werden, die Klassenzahl einiger Körper zu bestimmen. Es lässt sich zum Beispiel zeigen, dass die einzigen quadratischen Zahlkörper mit imaginären Zahlen, in denen eine eindeutige Zerlegung in Primelemente existiert, genau die Körper

sind.[21]

Explizites Beispiel für das Vorgehen zur Konstruktion eines rationalen Punktes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Möchte man versuchen, einen nicht-trivialen rationalen Punkt auf einer elliptischen Kurve über den rationalen Zahlen mittels Heegner-Punkten zu finden, ist der Ausgangspunkt die Gleichung der Kurve. Dabei ist für die Rationalität des erzeugten Punktes wichtig, dass alle Heegner-Punkte eines Levels und einer bestimmten Diskriminante auf der Modulkurve einfließen. Dabei wurden Äquivalenzen bezüglich Involutionen schon berücksichtigt, was bedeutet, dass immer (Klassenzahl) Punkte in den Algorithmus gepackt werden. Es wird exemplarisch das Beispiel

gewählt. Der erste Schritt ist, das Level dieser Kurve zu bestimmen. Dieses ist eine positive ganze Zahl und bestimmt nachher darüber, welche Heegner-Punkte für die Konstruktion in Frage kommen können – nämlich solche, die gleiches Level wie die Kurve haben. Das Level der elliptischen Kurve gibt die eindeutige Zahl, sodass die von Wiles genannte Parametrisierung von der Modulkurve in die Kurve existiert. Es kann mittels eines Algorithmus von John T. Tate aus den Koeffizienten der algebraischen Gleichung von berechnet werden.[22] Im Falle von erhält man .[23] Nun müssen systematisch zum Level passende Diskriminanten durchgegangen werden, die in die Formel von Gross und Zagier eingesetzt werden, um numerisch zu prüfen, ob für die kanonische Höhe des späteren rationalen Punktes herauskommt oder nicht. Zum Beispiel liefert die Formel für ein Ergebnis sehr nahe an , weshalb hier höchstwahrscheinlich ein Torsionspunkt herauskommt, der trivial ist. Bei kommt jedoch nicht heraus, also kann diese Diskriminante gewählt werden. Gesucht sind nun Heegner-Punkte des Levels und Diskriminante . Die Klassenzahl von ist 4, weshalb theoretisch 4 nicht zueinander äquivalente Heegner-Punkte gebraucht werden, jedoch kann der Algorithmus dies auf die 2 Punkte

und

reduzieren. Dahinter verbirgt sich ein Rechentrick, der Symmetrien zwischen je zwei betrachteten Punkten ausnutzt. Diese lösen die quadratischen Gleichungen und . Für die weiteren Rechnungen muss die zu zugehörige Modulform numerisch hinreichend gut ermittelt werden. Dann werden die Punkte und in die Parametrisierungen eingesetzt und durch eine Umformung wird alles in die Form gebracht, als wenn alle 4 inäquivalenten Punkte eingesetzt worden wären. Das Ergebnis ist nun Teil der Periodenmasche zur elliptischen Kurve, kann jedoch mittels auf die eigentliche Kurve transportiert werden. Der durch diese Heegner-Punkte konstruierte rationale Punkt ist schließlich[24]

Dieser rationale Punkt beweist nach einem Satz von Tunnell, dass es zu ein rechtwinkliges Dreieck gibt, das ausschließlich rationale Seitenlängen und den Flächeninhalt  hat.[25] Das zugeordnete rechtwinkelige Dreieck, berechnet von Don Zagier, hat die Seitenlängen ( Katheten, Hypotenuse):[26]

, und

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Webers Algebra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrich Weber

Der Grundstein der Theorie um Heegner-Punkte wurde bereits 1908 in Heinrich Webers Werk Lehrbuch der Algebra gelegt. In diesem beschäftigte Weber sich intensiv mit der j-Funktion und ihrer Verbindung zur Klassenkörpertheorie. Er gilt als Entdecker der Theorie der komplexen Multiplikation. Komplexe Multiplikation bezieht sich dabei auf elliptische Kurven, auf denen Punkte nicht nur ganzzahlig vervielfacht werden können, etwa , sondern wo es auch eine Multiplikation mit bestimmten imaginären Zahlen gibt, also exemplarisch . Die Theorie der komplexen Multiplikation, wie sie von Weber entwickelt wurde, gibt Auskunft über den Körper, in dem lebt, wenn ein Ideal eines gegebenen komplexen quadratischen Rings ist. Zum Beispiel bewies Weber die Identität

im Rahmen dieser von erzeugten Körpererweiterungen.[27] Während es sich bei der Eingabe von um den Heegner-Punkt (hier in der Schreibweise ) handelt, ist die rechte Seite als Verkettung von Wurzelausdrücken und ganzen Zahlen eine algebraische Zahl, löst also eine algebraische Gleichung. Adjungiert man diese Zahl zu dem zur Diskriminante des Heegner-Punkts gehörigen quadratischen Zahlkörper hinzu, ergibt sich die abelsche Körpererweiterung des Zahlkörpers . Dieses Programm wurde von Weber jedoch in größerer Allgemeinheit als nur zur vollen Modulgruppe verfolgt und später von Heegner wieder aufgegriffen.[28]

Jedoch kam die Theorie der Modulfunktionen ziemlich abrupt völlig aus der Mode. Erich Hecke und Robert Alexander Rankin leisteten zwar wichtige Beiträge, jedoch geht aus den damaligen Publikationen hervor, dass die meisten Mathematiker ein halbes Jahrhundert lang kaum wussten, dass die Theorie der Modulfunktionen überhaupt jemals existiert hatte.[29]

Die Arbeit von Heegner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

6 ist eine kongruente Zahl: Das rechtwinklige Dreieck mit rationalen Seitenlängen hat den Flächeninhalt 6

Im Jahr 1952 veröffentlichte Kurt Heegner eine Arbeit in der Mathematischen Zeitschrift,[30] innerhalb der er sich mit dem Problem kongruenter Zahlen und elliptischer Kurven beschäftigte. Heegner, ein erfolgreicher Elektroingenieur, der sich aber auch in Mathematik habilitiert hatte, war mit Webers Lehrbuch zur Algebra gut vertraut.[31] Er gab zunächst eine historische Einführung zu kongruenten Zahlen. Eine positive ganze Zahl heißt kongruent, falls sie als Fläche eines rechtwinkligen Dreiecks mit rationalen Seiten in Erscheinung tritt (Heegner nannte solche Dreiecke Harpedonapten-Dreieck). In seinem Aufsatz zitierte er im Anschluss verschiedene Dinge von Weber und bewies einige Theoreme, die zeigen, dass das Problem kongruenter Zahlen für bestimmte Familien von lösbar ist. Schließlich löste er plötzlich das klassische Problem der Charakterisierung aller imaginär-quadratischen Zahlkörper mit Klassenzahl 1. Zu Heegners Nachteil gab es 1952 niemanden mehr, der Webers Algebra ausreichend gut beherrschte, um seine Leistung zu würdigen.[31]

Heegners Arbeit war schwer zu folgen,[32] was womöglich ein weiterer Grund war, weshalb sich zu seiner Zeit niemand im Detail damit beschäftigte. Es wurde außerdem davon ausgegangen, dass seine Beweisführungen zum Klassenzahlproblem lückenhaft seien, und, obwohl seine Arbeit über kongruente Zahlen mittlerweile als korrekt anerkannt ist, blieb lange Zeit unentdeckt, dass Heegner den Grundstein einer fundamentalen neuen Methode gelegt hatte – der analytischen Realisierung abelscher Erweiterungen imaginär-quadratischer Zahlkörper, analog zum Kronecker-Weber-Fall über . Heegner starb in dieser Ungewissheit.[33]

Entwicklung ab den 1970er Jahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Don Zagier

Es war Bryan Birch, der in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren erstmals Heegner-Punkte auf modularen elliptischen Kurven systematisch untersuchte. Auf der Grundlage der von ihm gesammelten numerischen Beweise stellte er fest, dass die sog. Höhen dieser Punkte mit ersten Ableitungen am zentralen kritischen Punkt der Hasse-Weil-Zetafunktion der elliptischen Kurve zusammenzuhängen schienen. Die von Birch initiierte Arbeit sollte eine wichtige Rolle in der Zahlentheorie der nächsten zwei Jahrzehnte spielen und so grundlegende Fragen wie das Gaußsche Klassenzahlproblem und die Birch- und Swinnerton-Dyer-Vermutung beleuchten.[34]

Das Studium der Heegner-Punkte nahm Mitte der 1980er Jahre dank zweier Durchbrüche Fahrt auf. Der erste Durchbruch war die Gross-Zagier-Formel, die die Beobachtungen von Birch bestätigte und die Höhen der Heegner-Punkte mittels der ersten Ableitung am zentralen Punkt einer zugehörigen Rankin-L-Reihe ausdrückte. Der zweite kam einige Jahre später, als Victor Kolyvagin zeigte, wie sog. Heegner-Systeme auf einer elliptischen Kurve die Größe und Struktur deren Selmer-Gruppe kontrollieren. Zusammengenommen führten diese beiden Erkenntnisse zu einem vollständigen Beweis der Birch- und Swinnerton-Dyer-Vermutung (in ihrer etwas schwächeren Form, die eine Gleichheit zwischen dem Rang der elliptischen Kurve und der Ordnung ihrer L-Reihe bei vorschreibt) für alle modularen elliptischen Kurven über , deren L-Funktion höchstens eine einfache Nullstelle bei hat. Die Methode erbrachte einen Beweis der sog. Schafarewitsch-Tate-Vermutung auch für diese Kurven.[34]

Der Unterbeweis der Shimura-Taniyama-Vermutung von 1994 zeigte, dass die Ergebnisse von Gross und Zagier sowie von Kolyvagin bedingungslos für alle elliptischen Kurven über den rationalen Zahlen gelten.[34]

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heegner-Punkte auf der oberen Halbebene können nach Bryan Birch wie folgt definiert werden.[35]

  1. Der Wert ist ein CM-Punkt (CM = complex multiplication), d. h., er ist Lösung einer quadratischen Gleichung der Form mit ganzen Zahlen , für die gilt.
  2. Haben den größten gemeinsamen Teiler 1, so definiert eine binäre quadratische Form. Gilt außerdem , so ist die Form positiv definit. Für ist dadurch dann eindeutig bestimmt und man nennt die (ganzzahlige) Diskriminante von .
  3. heißt nun Heegner-Punkt mit Level  (mit einer natürlichen Zahl ), falls .

Die Diskriminante besitzt eine Zerlegung in Faktoren mit der sog. Fundamentaldiskriminante des Zahlkörpers . Dabei ist die größte Quadratzahl, sodass gilt. Die ganze Zahl wird auch als Führer des Heegner-Punktes bezeichnet. Aus der Definition wird ersichtlich, dass CM- und Heegner-Punkte stark verwandt miteinander sind, obgleich ein Heegner-Punkt stets mit einem Level  gekoppelt ist. Dies ermöglicht später eine Definition auf der Modulkurve . Mit dieser Modifizierung wird es dann zweckmäßig, sich einen Heegner-Punkt als eine Klasse von CM-Punkten vorzustellen.[35]

Benedict Gross definiert Heegner-Punkte anders: Ist eine Modulkurve, so ist (gedanklich) jeder Punkt auf ein Diagramm zweier elliptischer Kurven und , wobei der Kern der Isogenie isomorph zu ist. Dies hat den Hintergrund, dass Modulkurven auch Modulräume sind und in diesem Fall jeder Punkt einer Isogonie zwischen zwei elliptischen Kurven entspricht. Konkret können die Kurven (über ) durch resp. und die Isogenie als die Einschränkung der Identität zwischen Überlagerungen beschrieben werden. Man nennt einen solchen Punkt nun Heegner-Punkt von Level , falls zusätzlich gilt, dass sowohl als auch komplexe Multiplikation haben als auch denselben Endomorphismenring, also für eine Ordnung in einem imaginär-quadratischen Zahlkörper . Es gilt damit für ein , das auch der Führer des Heegner-Punktes genannt wird.[36] Die Zahl wird gleichsam Führer der zugehörigen Ordnung genannt.[37]

In einigen Anwendungen, zum Beispiel bei Henri Darmon, werden Heegner-Punkte auch mit den Punkten assoziiert, die auf elliptischen Kurven entstehen, nachdem die Parametrisierung auf die (Heegner-)Punkte angewendet wurde (siehe unten). Diese Schreibweise ist vor allen Dingen dann in Gebrauch, wenn Eigenschaften von Heegner-Punkten als Herleitung für Eigenschaften der elliptischen Kurve herangezogen werden, in etwa im Kontext mit Heegner-Systemen.[38]

Fundamentale Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Invarianzeigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Heegner-Punkt (auf diesem Bild ganz oben) ist Lösung der quadratischen Gleichung und hat damit Level 11. Die modulo zu ihm äquivalenten (Heegner-)Punkte , und sind die drei Punkte weiter unten. Hierbei bezeichnet eine Kongruenzuntergruppe mit Level 11.
alternative Beschreibung
Modulkurven können wie die natürlichen Zahlen systematisch beschriftet werden, man bezeichnet sie auch mit usw. Sie alle können als Oberflächen von Gebilden mit Löchern dargestellt werden, wobei die Anzahl der Löcher das Geschlecht der Modulkurve bezeichnet (eine Eigenschaft, kompakte Flächen zu charakterisieren). Eine Kugeloberfläche hat Geschlecht 0, ein Donut Geschlecht 1 und eine Brezel Geschlecht 3. Im Falle von liegt ein Donut vor, auf dem der oben eingeführte Heegner-Punkt definiert werden kann. Dafür muss man wissen, dass sich der Donut auf der im oberen Bild gezeigten oberen Halbebene der komplexen Zahlen versteckt: Beginnt man, wie oben mit den unteren (transformierten) Punkten im oberen Bild angedeutet, Punkte miteinander zu identifizieren, so bleibt eine begrenzte Figur übrig, die durch anschließendes Verbiegen und Verkleben zu einer Fläche mit Geschlecht verformt werden kann.

Der Level eines Heegner-Punktes muss nicht eindeutig sein. So haben beispielsweise alle Heegner-Punkte den Level 1, da offensichtlich stets gilt. Interessant sind die Fälle höheren Levels. So kann man zum Beispiel einfache Methoden angeben, aus einem Heegner-Punkt mit Level  beliebig viele neue Heegner-Punkte mit Level  zu konstruieren. Zuerst wird beobachtet, dass sich die oben definierte Diskriminante unter unimodularer Transformation nicht ändert. Das bedeutet: Ist , also eine ganzzahlige Matrix mit Determinante gleich 1 (die volle Modulgruppe operiert auf der oberen Halbebene durch Möbius-Transformation), so ist

Also ist, wenn ein Heegner-Punkt mit Level 1 ist, auch ein Heegner-Punkt mit Level 1. Für höhere Level kann ähnlich, jedoch nur selektiver vorgegangen werden. Da die Erhaltung der Level-N-Eigenschaft mit steigenden Werten  zunehmend „schwieriger“ ist, können hier nur noch bestimmte Matrizen diese Eigenschaft stabil halten. Alle Matrizen aus der Kongruenzuntergruppe erfüllen dies – es muss daher nur die Eigenschaft vorausgesetzt werden. Ist also ein Heegner-Punkt mit Level  und eine Matrix, so ist wieder ein Heegner-Punkt mit Level , und sowohl als auch haben die gleiche Diskriminante.[39]

Die Eigenschaft, dass sowohl Diskriminante als auch Level eines Heegner-Punktes mit Level  unter Transformationen erhalten bleiben, ist für die Zahlentheorie von äußerster Wichtigkeit. Sie erlaubt, das Konzept des Heegner-Punktes (mit Level ) auf der Modulkurve zu definieren, da alle entscheidenden Eigenschaften jedes Elements in der Klasse unter invariant bleiben.[35] Über Möbiustransformation operiert die Gruppe auf der oberen Halbebene zuzüglich der sog. Spitzen , also , und der Quotient ist die Menge aller Klassen von Punkten, die über die Operation äquivalent sind.

Existenz und die Heegner-Hypothese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist nicht klar, ob zu gegebenem Level und Führer ein Heegner-Punkt existiert. Um die Existenz zu gewährleisten, muss die sog. Heegner-Hypothese erfüllt sein: Diese ist eine Annahme an die zu gehörige Ordnung . Sie besagt, dass es ein Ideal gibt, sodass

Dies ist ein Isomorphismus von Gruppen. Dieser kann so interpretiert werden: Das Ideal ist so wählbar, dass in der Gruppe der gebrochenen Ideale, wobei der Heegner-Punkt zu der Isogenie korrespondiert. Andersherum hat die Isogenie einen Kern, der isomorph zu ist. Es kann damit gezeigt werden, dass die Heegner-Hypothese hinreichend und notwendig für die Existenz von Heegner-Punkten ist.[40]

Die Führer von Heegner-Punkten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben dem Level , das sich auf die Wahl der Modulkurve bezieht, besitzen Heegner-Punkte nach ihrer Definition eine weitere Kenngröße, ihren sog. Führer. Dieser wird oft als (vom englischen conductor) bezeichnet. Dessen Bedeutung liegt in der Konstruktion sog. Ringklassenkörper (ring class fields) , gewisser abelscher Erweiterungen des imaginär-quadratischen Grundkörpers . Diese haben die Eigenschaft, dass der durch den einzelnen Heegner-Punkt konstruierte Punkt auf der zugehörigen elliptischen Kurve zunächst über definiert ist.[41] Weitere Details hierzu sind in diesem Artikel im Abschnitt über Klassenkörpertheorie beschrieben.

In manchen Anwendungen von Heegner-Punkten ist es bedeutsam, zu einem Level ganze (unendliche) Systeme von Heegner-Punkten zu betrachten, sog. Heegner-Systeme. Dabei werden die Punkte mit oder alternativ beschriftet, wobei deren Führer bezeichnet und erfüllt. Heegner-Systeme existieren nur unter bestimmten Bedingungen. Mehr Details finden sich in diesem Artikel unter Heegner-Systeme.

Von besonderem Interesse ist der Fall , in dem die gewählte Diskriminante von sogar eine Fundamentaldiskriminante ist. Der zugehörige Ringklassenkörper ist dann der Hilbertsche Klassenkörper von , also dessen maximal unverzweigte abelsche Erweiterung.

Charakterisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der gegebenen Definition können quadratisch irrationale Heegner-Punkte über elementare Zahlentheorie charakterisiert werden. Ist ein quadratisch ir