Gretel Adorno

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Gretel Adorno (* 10. Juni 1902 als Margarete Karplus in Berlin; † 16. Juli 1993 in Frankfurt am Main) war eine deutsche Chemikerin und Unternehmerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gretel Karplus wurde als Tochter von Joseph Albert Karplus, Mitinhaber der Glacée-Lederwaren-Manufaktur Karplus & Herzberger, in Berlin geboren. Sie hatte eine Schwester. Die Familie lebte in der Prinzenallee in Berlin-Gesundbrunnen.[1][2]

Der Sohn ihres Cousins Hans Karplus ist der Chemiker und Nobelpreisträger Martin Karplus.

Studium, intellektuelle Freunde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1921 nahm sie als eine von zu der Zeit wenigen Frauen ein Chemiestudium an der Universität Berlin auf. Im Nebenfach studierte sie Philosophie und Physik, welche sie ebenfalls cum laude abschloss.[3] Sie beendete ihr Studium 1925 mit einer Dissertation Über die Einwirkung von Calciumhydrid auf Ketone.[4]

Bereits in den 1920er Jahren stand sie mit zahlreichen Größen der Berliner Intellektuellenszene in Kontakt, darunter Walter Benjamin, Ernst Bloch, Herbert Marcuse und Berthold Brecht.[5] 1923 lernte sie über die Beziehung ihrer beiden elterlichen Familien Theodor W. Adorno kennen; das Paar verlobte sich bald, führte aber über vierzehn Jahre lang zunächst eine Distanzbeziehung.[6]

Besonders intensiv war Gretel Adornos freundschaftliches Verhältnis zu Walter Benjamin. Sie stand mit ihm in einem regen brieflichen Austausch, sowohl zu persönlichen Angelgenheiten als auch zu Benjamins Arbeiten.[7] In seinen Jahren des Exils unterstützte sie ihn finanziell und auch durch Buchsendungen.[6]

Unternehmerin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von etwa 1930 bis 1932 war Karplus Anteilseignerin der elterlichen Manufaktur und arbeitete dort. Nach dem Verkauf der Anteile an Herzberger 1933 beteiligte sie sich in dem Unternehmen George Tengler der gleichen Sparte, zunächst als Juniorpartnerin, ab 1934 hauptverantwortlich. Unter dem politischen antisemitschen Druck der Zeit sah sie sich 1936 gezwungen, die Firma aufzulösen.[8]

Exil und Rückkehr nach Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1937 ging sie nach London ins Exil nach London und heiratete dort Theodor W. Adorno. 1938 zog das Paar in die Vereinigten Staaten.

Nach Benjamins Tod 1940 kümmerte sie sich zusammen mit ihrem Mann um dessen Nachlass und die Veröffentlichung. Das Manuskript zum Buch Dialektik der Aufklärung wurde von ihr als Zusammenfassung von Gesprächen zwischen ihrem Mann Theodor W. Adorno und Max Horkheimer protokolliert.

1949 kehrt das Paar nach Deutschland zurück. Gretel Adorno übernahm eine Assistenz am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main.

Nach Adornos Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gretel Adorno war nach seinem Tod 1969 Mitherausgeberin von Theodor W. Adornos Nachlass. Zusammen mit Rolf Tiedemann besorgte sie die postume Herausgabe seiner Ästhetischen Theorie.

Ein Jahr später unternahm sie einen Suizidversuch, durch dessen Folgen sie für den Rest ihres Lebens erheblich beeinträchtigt und pflegebedürftig wurde. Sie starb im Jahr 1993 in Frankfurt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Staci Lynn von Boeckmann: The life and work of Gretel Karplus/Adorno: Her contributions to Frankfurt School theory. Diss., University of Oklahoma, 2004, S. 55
  2. [1]
  3. Staci Lynn von Boeckmann: The life and work of Gretel Karplus/Adorno: Her contributions to Frankfurt School theory. Diss., University of Oklahoma, 2004, S. 58
  4. Margarete Karplus: Ueber die Einwirkung von Calciumhydrid auf Ketone. o. O (dnb.de [abgerufen am 21. Oktober 2022]).
  5. Stefan Müller-Doohm: Adorno: Eine Biografie, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2003, S. 55
  6. a b [2]
  7. Christoph Gödde, Henri Lonitz (Hrsg.): Walter Benjamin / Gretel Adorno: Briefwechsel 1930–1940, Frankfurt a. M. 2005
  8. Staci Lynn von Boeckmann: The life and work of Gretel Karplus/Adorno: Her contributions to Frankfurt School theory. Diss., University of Oklahoma, 2004, S. 60f