Besitzstand der EU

Van Wikipedia, de gratis encyclopedie

Mit Besitzstand der EU wird amtlich auf Deutsch[1] die Gesamtheit des gültigen EU-Rechts in der Europäischen Union bezeichnet.

Dieser Besitzstand wird in englischer Sprache als EU's acquis[2] und auf Französisch als acquis de l’Union européenne[3] bezeichnet. Daneben wird auch noch die Kurzform EU-Acquis gelegentlich verwendet.

Der Besitzstand umfasst alle Rechtsakte, die für die Mitgliedstaaten der EU verbindlich sind. Der Besitzstand muss von einem Staat, der der EU beitritt, in seinem kompletten Umfang übernommen werden. Dies betraf zum Beispiel gleichzeitig die zehn Staaten, die im Rahmen der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind. Allerdings werden im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und dem Beitrittskandidaten in der Regel verschiedene Ausnahme- und Übergangsregelungen vereinbart.

Der von den drei Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein im Rahmen des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) übernommene Teil des EU-Rechts wird als EWR-Acquis bezeichnet.[4]

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Der gemeinschaftliche Besitzstand steht nach eindeutiger Beitrittspraxis seit 1973 nicht zur Disposition der Verhandlungen“.[5]

Umfang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Rechtsakten des Besitzstandes gehören:

Ausgaben und wissenschaftliche Systematisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da der Besitzstand sich aus den verschiedensten Arten von Rechtsquellen zusammensetzt, gab es zunächst keine eigene Gesamtausgabe. Im Rahmen der 2004 von der niederländischen Ratspräsidentschaft initiierten und von Rem Koolhaas konzipierten Ausstellung The Image of Europe wurde eine 31-bändige Gesamtausgabe des Besitzstandes mit ca. 85.000 Seiten angefertigt.[6][7] Online sind die EU-Rechtsakte auf der Homepage EUR-Lex abrufbar, die vom Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union betrieben wird.

Die Gründung der sogenannten Acquis-Gruppe um Hans Schulte-Nölke von der Universität Bielefeld erfolgte im Jahr 2002 aufgrund von Impulsen wichtiger EU-Organe, darunter die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Annäherung des Zivil- und Handelsrechts, die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Laeken und Tampere sowie die Mitteilung der Kommission zum Europäischen Vertragsrecht. Bezweckt wird die Schaffung eines Netzwerks von Wissenschaftlern aus den Mitgliedstaaten der EU und den Beitrittskandidaten zur Durchdringung und Systematisierung des geltenden EU-Rechts. Die zahlreichen Mitglieder werden auf der Homepage der Acquis-Gruppe aufgeführt.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Definition von Besitzstand (der EU)
  2. Definition von (EU's) acquis
  3. Definition von acquis (de l’Union européenne)
  4. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR). Kurzinformation (PDF; 1,3 MB). Stand: April 2015. Abgerufen am 28. November 2015
  5. Thomas Oppermann, Claus Dieter Classen, Martin Nettesheim: Europarecht. Ein Studienbuch. 4., vollständig neu bearbeitete Auflage. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58768-9, S. 748, Rn. 12.
  6. Image of Europe, Belgium, Brussels, 2004: An exhibition examining the representation of Europe, coinciding with the Netherlands 2004 Presidency of the European Union. OMA, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Juni 2015; abgerufen am 19. Juni 2015 (englisch).
  7. Christiane Eichholz: Europarecht. C.F.Müller, Heidelberg/München/Landsberg/Frechen/Hamburg 2013, ISBN 978-3-8114-7116-0, S. 26
  8. Homepage der Acquis-Gruppe