Kachelmuster aus Quadraten, deren Kantenlängen der Fibonacci-Folge entsprechenAngenäherte Goldene Spirale, konstruiert mit Viertelkreisen. Das Verhältnis der aufeinander folgenden Radien ist das der aufeinander folgenden Fibonacci-Zahlen (Φ bei der Goldenen Spirale).In Anlehnung an den Pythagoras-Baum lassen sich die Fibonacci-Zahlen auch spiralförmig als Flächenmaßzahlen von Katheten- und Hypotenusenquadraten darstellen.[1]
Die Fibonacci-Folge ist die unendliche Folgenatürlicher Zahlen, die mit zweimal der Zahl 1 beginnt und bei der jede weitere Zahl die Summe der beiden ihr vorangehenden Zahlen ist. In moderner Schreibweise wird diese Folge zusätzlich mit einer führenden Zahl 0 versehen:[2]
0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55 …
Die darin enthaltenen Zahlen heißen Fibonacci-Zahlen. Benannt ist die Folge nach Leonardo Fibonacci, der damit im Jahr 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb. Die Folge war aber schon in der Antike sowohl den Griechen als auch den Indern bekannt.[3]
Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Fibonacci-Folge auch noch zahlreiche andere Wachstumsvorgänge in der Natur beschreibt. Es scheint, als sei sie eine Art Wachstumsmuster in der Natur.[4]
Die Fibonacci-Zahlen weisen einige bemerkenswerte mathematische Besonderheiten auf:
Je weiter man in der Folge fortschreitet, desto mehr nähert sich der Quotient aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen dem Teilungsverhältnis des Goldenen Schnittes (beispielsweise 13:8 = 1,6250; 21:13 ≈ 1,6154; 34:21 ≈ 1,6190; 55:34 ≈ 1,6176; etc.). Diese Näherung ist alternierend, d. h., die Quotienten sind abwechselnd kleiner und größer als .[4]
Da diese Quotienten gegen den Goldenen Schnitt konvergieren, lässt sich dieser als der unendliche periodische Kettenbruch darstellen:
Die Zahl ist irrational. Das bedeutet, dass sie sich nicht durch ein Verhältnis zweier ganzer Zahlen darstellen lässt. Am besten lässt sich durch Quotienten zweier aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen approximieren. Dies gilt auch für verallgemeinerte Fibonaccifolgen, bei denen und beliebige natürliche Zahlen annehmen.
Das nach Edouard Zeckendorf benannte Zeckendorf-Theorem besagt, dass jede natürliche Zahl eindeutig als Summe voneinander verschiedener, nicht direkt aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen geschrieben werden kann. Das heißt, es gibt für jedes eine eindeutige Darstellung der Form[11]
Das explizite Bildungsgesetz für die Glieder der Fibonacci-Folge wurde unabhängig voneinander von den französischen Mathematikern Abraham de Moivre im Jahr 1718 und Jacques Philippe Marie Binet im Jahr 1843 entdeckt. Dazwischen war es aber auch den Mathematikern Leonhard Euler und Daniel Bernoulli bekannt, Letzterer lieferte 1728 auch den vermutlich ersten Beweis.[12]
Der Einfluss von geht rasch gegen Null, bspw. ist . Das kann man verwenden, um die Berechnung abzukürzen, indem man die kleine Zahl einfach weglässt und das noch verbleibende kaufmännisch zur nächst gelegenen ganzen Zahl rundet. Mit Hilfe der Gaußschen Abrundungsfunktion lässt sich das so formalisieren:
Einer der einfachsten Beweise gelingt induktiv. Wegen und ist der Induktionsanfang erfüllt. Angenommen, die Formel gelte für alle Werte von bis (starke Induktionsvoraussetzung). Wir zeigen, dass sie dann notwendigerweise auch für gilt:
Dabei haben wir benutzt, dass und der charakteristischen Gleichung genügen.
Nach dem Prinzip der vollständigen Induktion muss nun die Formel für alle gelten.
Wenn also so gewählt wird, dass die charakteristische Gleichung erfüllt ist (also oder ), wird , d. h., erfüllt die Fibonacci-Rekursion mit dem Rekursionsanfang und .
Die durch , , rekursiv definierte Folge hat die explizite Darstellung . Ebenso , , .
Mit und genügt wegen der Superpositionseigenschaft auch jede Linearkombination der Fibonacci-Rekursion . Mit Hilfe eines linearen Gleichungssystems ergibt sich und , damit und . Folglich ergibt sich explizit .
Für ergibt sich und , d. h. die klassische Lucas-Folge mit explizit .
Die auf der linken Seite stehende Potenzreihe konvergiert für . Über die angegebene Partialbruchzerlegung erhält man wieder die Formel von Moivre-Binet.
Herleitung der erzeugenden Funktion
Für ist
da
da und
Die Rekursionsbedingung induziert daher
ausklammern:
Nach Division durch das Polynom das nicht das Nullpolynom ist, folgt die angegebene Form.
Mit einer geeigneten erzeugenden Funktion lässt sich ein Zusammenhang zwischen den Fibonacci-Zahlen und den Binomialkoeffizienten darstellen:
Wegen für und kann auch ohne Gaußklammern geschrieben werden:
Herleitung
Die erzeugende Funktion kann auch geschrieben werden:
Wertet man die erzeugende Funktion an der Stelle aus, so erhält man , folglich lässt sich in eine unendliche Summe von Fibonacci-Zahlen zur Basis zerlegen.
Die Fibonacci-Zahlen tauchen auch als Einträge der Potenzen der Matrix auf:
Aus der Relation ergibt sich beispielsweise die erste oben angegebene Formel für . beschreibt zugleich die Summationsvorschrift der Fibonacci-Folge, denn ihr Produkt mit einem Paar aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen (als Spaltenmatrix geschrieben) ergibt das nächste Paar; entsprechend erzeugt das -te Paar aus dem Startpaar . Dies und die Tatsache, dass die Eigenwerte von gerade der Goldene Schnitt und dessen Kehrwert (Letzterer mit negativem Vorzeichen) sind, führen wieder auf die oben genannte Formel von Binet.
Die Fibonacci-Zahlen können mithilfe des Pascalschen Dreiecks beschrieben werden. Um die -te Fibonacci-Zahl zu bestimmen, nimmt man aus der -ten Zeile des Pascalschen Dreiecks jede zweite Zahl und gewichtet sie mit der entsprechenden Fünfer-Potenz – anfangend mit 0 in aufsteigender Reihenfolge, d. h. , , usw. Anschließend addiert man diese gewichteten Elemente zusammen und dividiert durch .
Das Bild unten veranschaulicht die Berechnung der ersten sieben Fibonacci-Zahlen aus dem Pascalschen Dreieck. Zum leichteren Verständnis sind die nicht benutzten Elemente des Pascalschen Dreiecks im Bild ausgegraut, die Gewichtung mit den aufsteigenden Fünfer-Potenzen rot und die Exponenten cyan hervorgehoben.
Herleitung
Ausgehend von der expliziten Formel für die Fibonacci-Zahlen (s. Formel von Moivre-Binet weiter oben in diesem Artikel)
kann man zunächst den Term im Nenner ausklammern und die verbliebene Differenz mittels Binomialkoeffizienten ausschreiben und anschließend zusammenfassen:
Für die Differenz unter dem Summenzeichen gilt
sodass man die Summe auf ungerade reduzieren kann:
Der -Term kürzt sich also raus und unter dem Summenzeichen bleiben nur Fünfer-Potenzen. Das erklärt das scheinbare Paradoxon, dass die explizite Formel für Fibonacci-Zahlen mit ihren -Termen überhaupt ganze Zahlen liefert. Die Abrundung in der Summen-Obergrenze ist übrigens notwendig, damit die Indizierung nicht über den Wert hinausgeht und die ursprüngliche Summenbegrenzung eingehalten wird.
Vergleicht man die unter dem Summenzeichen verbliebenen Binomialkoeffizienten mit denen im Pascalschen Dreieck, erkennt man, dass es sich dabei um jeden zweiten Koeffizienten in der entsprechenden Zeile des Dreiecks handelt (wie es im Bild oben visualisiert ist). Man kann die Formel also auch als
schreiben mit der Bezeichnung für einen Binomialkoeffizienten an der -ten Stelle in der -ten Zeile des Pascalschen Dreiecks (beide ab Null gezählt!). Als Beispiel erhält man für die 7-te Fibonacci-Zahl etwa den Wert
Die klassische („kanonische“) Fibonacci-Folge ist durch drei Kriterien charakterisiert:
Eine lineare Iteration, welche die beiden vorangehenden Folgenglieder einbezieht
Eine Linearkombination dieser Folgenglieder, in der beide Vorgänger den Koeffizienten +1 tragen
Beide Startglieder gleich +1
Jedes dieser Kriterien erlaubt eine Verallgemeinerung:
Die Wahl anderer Startglieder und liefert eine Folge , die mit der kanonischen Folge nach der Beziehung zusammenhängt. Ein Beispiel hierfür ist die Lucas-Folge.
Für die Glieder einer solchen Folge gilt ein gegenüber der Formel von Moivre-Binet verallgemeinertes explizites Bildungsgesetz:
mit und .
Die kanonische Folge stellt sich hier als Spezialfall mit dar, was wegen der charakteristischen Gleichung sofort und liefert.
Die Wahl anderer Koeffizienten für die Linearkombination liefert eine Folge, für die eine andere charakteristische Gleichung gilt. Eine Folge mit der Iterationsvorschrift
besitzt die charakteristische Gleichung . Die Wurzeln dieser Gleichung bestimmen das explizite Bildungsgesetz. Wenn die charakteristische Gleichung die Wurzeln und hat, dann lautet das Bildungsgesetz
wobei und wieder durch die Startglieder bestimmt sind.
Eine Iteration, die mehr als zwei vorangehende Folgenglieder einbezieht, besitzt dementsprechend ein Polynom höheren Grades als charakteristische Gleichung, wobei die Wurzeln dieser Gleichung wieder im Bildungsgesetz auftauchen und die Koeffizienten durch die Anfangswerte bestimmt sind. Es gilt dann
Eine Iteration, die nur das unmittelbar vorhergehende Glied verwendet, liefert in diesem Zusammenhang als entartete Fibonacci-Folge eine reine Potenzfolge.
Sonnenblume mit 34 und 55 Fibonacci-SpiralenAnordnung gleich großer Kreise im Abstand des goldenen Winkels mit farblicher Markierung der Fibonacci-Spiralen 8, 13, 21, 34
Die Blätter (Phyllotaxis) oder Fruchtstände vieler Pflanzen sind in Spiralen angeordnet, wobei die Anzahl dieser Spiralen den Fibonacci-Zahlen entsprechen. In diesem Fall ist der Winkel zwischen architektonisch benachbarten Blättern oder Früchten bezüglich der Pflanzenachse der Goldene Winkel. Das liegt daran, dass Brüche von aufeinanderfolgenden Fibonacci-Zahlen den zugrunde liegenden Goldenen Schnitt am besten approximieren. Die Spiralen werden daher von Pflanzenelementen gebildet, deren Platznummern sich durch die Fibonacci-Zahl im Nenner unterscheiden und damit fast in die gleiche Richtung weisen. Durch diese spiralförmige Anordnung der Blätter um die Sprossachse erzielt die Pflanze die beste Lichtausbeute. Der Versatz der Blätter um das irrationale Verhältnis des Goldenen Winkels sorgt dafür, dass nie Perioden auftauchen, wie es z. B. bei 1/4 der Fall wäre (0° 90° 180° 270° | 0° 90° …). Dadurch wird der denkbar ungünstigste Fall vermieden, dass ein Blatt genau senkrecht über dem anderen steht und so die Blätter maximalen Schatten auf darunterliegenden Blättern erzeugen oder maximale „Lichtlücken“ entstehen.
Beispielsweise tragen die Körbe der Silberdistel(Carlina acaulis) hunderte gleichgestaltiger Blüten, die in kleineren Körben in einer 21-zu-55-Stellung, in größeren Körben in 34-zu-89- und 55-zu-144-Stellung in den Korbboden eingefügt sind.[27] Auch die Schuppen von Fichtenzapfen wie auch von Ananasfrüchten bilden im und gegen den Uhrzeigersinn Spiralen, deren Schuppenanzahl durch zwei aufeinanderfolgende Fibonaccizahlen gegeben ist.[28]
Wissenschaftshistorisch sei hier auf das Buch On Growth and Form von D’Arcy Wentworth Thompson (1917) verwiesen.
Männchen der Honigbiene (Apis mellifera) werden als Drohnen bezeichnet. Interessanterweise beschreibt die Fibonacci-Folge die Anzahl der Ahnen einer Drohne. Das erklärt sich dadurch, dass eine Drohne (Generation n = 1) sich aus einem unbefruchteten Ei entwickelt, das ausschließlich Erbgut ihrer Mutter, der Bienenkönigin (Generation n = 2), enthält; eine Drohne hat keinen Vater. Eine Königin jedoch hat zwei Eltern, nämlich als Mutter eine andere Königin und als Vater eine Drohne (Generation n = 3) usw. Die Anzahl aller Ahnen einer Drohne in je einer so definierten n-ten Generation ist die n-te Fibonacci-Zahl .
Um das einzusehen, lässt sich die Zeichnung zur Anzahl der Kaninchen in Fibonaccis Modell im Abschnitt Antike und Mittelalter in Europa verwenden. Jedes Paar nicht geschlechtsreifer Kaninchen entspricht einer Drohne, jedes Paar geschlechtsreifer Kaninchen einer Königin. In den Gleichungen der Modellierung ist dann die Anzahl der Drohnen,