Célestin Freinet

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Célestin Freinet (1914)

Célestin Freinet [seləsˈtɛ̃ fʀeˈnɛ] (* 15. Oktober 1896 in Gars, Provence, Frankreich; † 8. Oktober 1966 in Vence) war ein französischer Reformpädagoge und Begründer der Freinet-Pädagogik.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Célestin Freinet – fünftes von acht Kindern – erlebte seine Schulzeit als eine Qual, die später seine Abhandlungen beeinflussen sollte. 1913 trat Freinet in ein Lehrerseminar ein. Er wurde jedoch 1915 als Soldat rekrutiert. Im Ersten Weltkrieg erlitt Freinet eine schwere Lungenverletzung, diese Kriegserfahrungen machten ihn zu einem überzeugten Pazifisten.[1] Des Weiteren war Freinet Laizist[2] und vertrat eine kapitalismuskritische[3] Einstellung. 1920 trat er seine erste Stelle als Lehrer in einer kleinen Dorfschule in Bar-sur-Loup (Côte d’Azur) an. In dieser Schule entstand die Freinet-Pädagogik.

Célestin Freinet tat sich mit seinen Kollegen zusammen und versuchte, den Schulunterricht zu verändern. So erwarb Freinet im Jahr 1923 eine Druckpresse, um Texte der Schüler veröffentlichen zu können. Es entstand auf diese Weise eine Schülerzeitung. Nach und nach ersetzten diese freien Texte die herkömmlichen Schulbücher. Die Presse selbst wurde zum Symbol der Freinet-Pädagogik. Schon 1924 gründete Freinet mit Gleichgesinnten auf einem Gewerkschaftskongress eine Lehrerkooperative, die C.E.L. (Coopérative de l’Enseignement Laïc), aus der die französische Lehrerbewegung École Moderne hervorging. Das Ziel dieser Vereinigung war es, das Schulwesen von innen zu verändern. Das Zusammenarbeiten von Lehrerinnen und Lehrern war ein Grundsatz der Bewegung. Die C.E.L. löste sich von der Gewerkschaft und wurde eine selbständige Gewerkschaft.

1926 entwickelte Freinet eine Druckpresse für Schulen, die er in den folgenden Jahren technisch verbesserte und in großer Zahl verkaufen konnte. Im selben Jahr heiratete er Elise Lagier Bruno, die auch seine engste Mitarbeiterin wurde. Freinet war aktiv in einer Gewerkschaft und Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs. Er verließ die Partei aber im Jahre 1948, da seine pädagogischen Absichten und die der Partei nicht länger vereinbar waren.

1930 entstand infolge des schlechten baulichen und hygienischen Zustands der mit 47 Schülern überfüllten Klasse ein Konflikt zwischen Schulaufsicht, Bürgermeister und Célestin Freinet.[4] Es wurde eine zweite Klasse eröffnet, aber Élise Freinet erhielt diese Lehrerstelle nicht, sondern sie kam zur Mädchenschule von Saint-Paul. Célestin Freinet führte die Schallplatte in seinen Unterricht ein. Das Ehepaar erwarb 1933 in Vence im Viertel Le Pioulier ein Grundstück, auf dem sie eine Schule als Internat aufbauten. Die Schule L’École Moderne wurde am 1. Oktober 1935 offiziell eröffnet.

1940 wurde Célestin Freinet verhaftet und in ein Internierungslager gebracht, wo er dennoch grundlegende pädagogische Arbeiten verfassen konnte, die er 1946 unter dem Titel L’École Moderne Francaise veröffentlichte. Das Vichy-Regime hatte die Schließung der Schule verfügt, die 1946 wieder eröffnet wurde. Die Freinets wohnten jetzt in Cannes am Sitz der C.E.L. Freinet widmete sich ganz der Kooperative.

Im Jahr 1947 kam es zur Gründung der Pädagogik-Kooperative I.C.E.M. (Institut Coopératif de l’École Moderne) und 1957 der Internationalen Vereinigung der Freinet-Bewegung F.I.M.E.M. (Fédération Internationale des Mouvements de l'École Moderne).

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pädagogische Werke. 2 Bände. Aus dem Französischen übersetzt von Hans Jörg. Schöningh, Paderborn, Bd. 1: 1998, ISBN 3-506-72714-1 Bd. 2: 2000, ISBN 3-506-72715-X.
  • Célestin Freinet: Pädagogische Texte, mit Beispielen aus der praktischen Arbeit nach Freinet. Hrsg. H. Boehncke u. Chr. Hennig, Rowohlt 7367, Reinbek 1980, ISBN 3-499-173670.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ingrid Dietrich (Hrsg.): Handbuch der Freinet-Pädagogik. Eine praxisbezogene Einführung. Beltz, Weinheim 1995, ISBN 3-407-25160-2.
  • G. Glück, R. Wagner (Hrsg.): Lieber Célestin Freinet. Was ich Dir schon immer sagen wollte... Schneider, Baltmannsweiler 2006, ISBN 3-8340-0062-0.
  • Herbert Hagstedt: Célestin Freinet (1896–1966). Ateliers als Forschungswerkstätten. Biographisches und Ideengeschichtliches. In: Astrid Kaiser, Detlef Pech: Geschichte und historische Konzeptionen des Sachunterrichts. Schneider, Baltmannsweiler 2002, S. 139–142.
  • Inge Hansen-Schaberg, Bruno Schoning (Hrsg.): Basiswissen Pädagogik, Reformpädagogische Schulkonzepte. Bd. 5, Freinet-Pädagogik. Schneider, Baltmannsweiler 2002, ISBN 3-89676-502-7.
  • Achim Hellmich, Peter Teigeler (Hrsg.): Montessori-, Freinet-, Waldorfpädagogik. Konzeption und aktuelle Praxis. Beltz, Weinheim 1995, ISBN 3-407-25140-8.
  • Bettelheim, Freinet, Geheeb, Korczak, Montessori, Neill, Petersen, Zulliger. In: Friedrich Koch: Der Aufbruch der Pädagogik. Welten im Kopf. Rotbuch, Hamburg 2000, ISBN 3-434-53026-6.
  • Renate Kock (Hrsg.): Celestin Freinet. Methoden der Emanzipation und Techniken des Unterrichts. Pädagogische Schriften mit Beiträgen aus La Gerbe. Lang, Frankfurt am Main u. a. O., 1999, ISBN 978-3-631-35201-4.
  • Gerhard Rabensteiner, Pia-Maria Rabensteiner (Hrsg.): Kooperative Lehr- und Lernkultur. Ausgangspunkt für Veränderungen und neue Wege in der Lehrer/innenbildung. Schneider, Baltmannsweiler 2005, ISBN 3-89676-975-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Freinet, Célestin: Die Lebensweisheiten des Schäfers Mathieu – Les dits de Mathieu. In: Jörg, Hans (Hrsg.): Pädagogische Werke. Teil 1. Schöning Paderborn 1998. S. 50f; 61f; 97f.
  2. Freinet, Célestin: Die laizistische Moral. In: Kock, Renate (Hrsg.): Befreiende Volksbildung. Frühe Texte. Klinkhardt Bad Heilbrunn 1996. S. 29–34.
  3. Freinet, Célestin: Die letzte Etappe der kapitalistischen Schule. In: Kock, Renate (Hrsg.): Befreiende Volksbildung. Frühe Texte. Klinkhardt Bad Heilbrunn 1996. S. 43–47.
  4. Jörg, Hans: Die moderne französische Schule. Schöningh Paderborn 1979. S. 190–196.