Borghorster Warps-Spinnerei

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Borghorster Warps-Spinnerei
Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1861
Auflösung 2005
Auflösungsgrund Insolvenz
Sitz Borghorst, Gantenstr. 4
Mitarbeiterzahl 545 (1929)
Branche Baumwoll- und Synthetikspinnerei, Färberei, Bleicherei, Schlichterei
Borghorst, Brand der BWS am 17. September 1907
Kamin der ehemaligen Spinnerei (2011)

Die Borghorster Warps-Spinnerei war ein Unternehmen, das von 1861 bis 2005 in Borghorst bestand und sich mit der Herstellung von Kettgarn beschäftigte.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1856 wurde in Borghorst nach englischem Vorbild eine Schlichterei einschließlich einer Mehlmühle zur Lieferung des Schlichtmateriales erbaut, um die hohen Einfuhrzoll für die geschlichteten englischen Garne zu vermeiden. Bauherren und Betreiber waren die aus Zwischenahn bei Oldenburg stammenden Johann Heinrich Brader und sein Schwager Johann Heinrich Rabe, die ihre praktischen Kenntnisse in England erworben hatten. 1857 erwarben die Borghorster Leinen- und Nesselverlegern Joseph Wattendorff, Bernhard Josef Kock und B. J. Hageböck Anteile am Unternehmen, so dass durch zusätzliche Kapital und Know-how das Unternehmen durch eine mechanische Spinnerei mit 16.000 Spindeln und 1860 durch eine mechanische Weberei erweitert werden konnte. Es firmierte nun als „Rabe, Brader und Co.“.

Nach dem Tode Bernhard Josef Kocks 1859 übernahmen Arnold Kock, sein Bruder Franz Kock und Werner Frieling die Faktoreien und Beteiligungen ihres verstorbenen Onkels. 1861 schieden sie zusammen mit den Familien Hageböck, Kock und Wattendorf aus der Firma „Rabe, Brader und Co“. aus und gründeten zusammen mit ihrem Schwager Joseph Wattendorff und der zweiten Frau ihres Onkels, Elisabeth Messing, eine eigene Spinnerei, die sie „Borghorster Warps-Spinnerei Kock und Comp.“, abgekürzt „BWS“ nannten. „Warp“ ist die englische Bezeichnung für Kettgarn. Der Betrieb begann mit 4.000 Spindeln und expandierte schnell: Um 1880 arbeitete er bereits mit 24.000 Spindeln. 1898 wurde durch Sidney Scott[1] eine Ringspinnerei erbaut und so die Kapazität bis 1905 auf 40.000 Spindeln ausgeweitet.

1899 trat Bernard Bartmann, Schwiegersohn Joseph Wattendorffs, als persönlich haftender Gesellschafter in die Borghorster Warps-Spinnerei ein.

1906 übernahm die BWS die aus der Firma Rabe, Brader & Co. entstandene Spinnerei und Weberei „SW Borghorst“ an der Gantenstraße 2, deren Geschäfte in den Jahren davor rückläufig waren. Ein Jahr darauf vernichtete allerdings ein Großbrand die Anlagen der SW Borghorst. Bartmann kümmerte sich sofort danach um den Wiederaufbau der Fabrikgebäude an der Gantenstraße und baute sie nach modernsten Gesichtspunkten zur neuen Firmenzentrale der BWS aus. 1912 schied Bartmann aus dem Betrieb aus, um in Wegberg eine eigene Baumwollspinnerei, die spätere Feinspinnerei Wegberg, aufzubauen.

1928 war die Kapazität der BWS auf 53.000 Spindeln gestiegen. Angeboten wurden Baumwollgarne, einfach und gezwirnt, roh, gebleicht und gefärbt. Das Unternehmen beschäftige ca. 545 Mitarbeiter und verfügte über eine Dampfmaschine von MAN mit 2.200 PS.[2]

2005 wurde die Firma aufgrund von Insolvenz aufgelöst.[3] Danach wurden die Fabrikationsgebäude an der Gantenstraße 2–8 komplett abgebrochen. Auf den freigeräumten Flächen von über 13.000 m² entstand ein großes Einkaufszentrum, das BWS-Center.[4] 2008 wurde einer der beiden Fabrikschornsteine gesprengt,[5] der andere mit dem eisernen Löschwasserbehälter blieb jedoch als markantes Erinnerungmerkmal an die Epoche der Textilindustrie in Borghorst erhalten, wurde unter Denkmalschutz gestellt und renoviert. Der Schornstein dient zudem als Antennenträger für das Mobilfunknetz der Telefonicá Deutschland (o2), gesendet wird mit den Technologien GSM und LTE (Stand: September 2022). Die dazu benötigte Systemtechnik befindet sich unten im Inneren des Schornsteins, zugängig durch eine Stahltür sowie in Metallracks außerhalb des Turms am Boden. Im Jahr 2020 erhielt die Systemtechnik ein Anschluss an das Glasfasernetz.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Bartmann: Zur Geschichte der Familie Bartmann aus Herbern. Wuppertal 1992.
  • Hans-Jürgen Warnecke: Die geschichtliche Entwicklung der Borghoster Textilindustrie. In: Westfälische Nachrichten. Nr. 115, Borghorst 17. Mai 1968.
  • Hans-Jürgen Warnecke: Von der Hausweberei zur Textilindustrie. In: 1000 Jahre Borghorst. hrsg. von Wilhelm Kohl. Borghorst 1968, S. 77–89.
  • Franz-Josef Dwersteg: Als an der Emsdettener Straße noch gesponnen wurde, Fotoausstellung „Borghorst vor 50 Jahren“ von Bernhard Hülsmann im Heimathaus. In: Westfälische Nachrichten. Ausgabe Kreis Steinfurt, 11. Oktober 2012 (Mit Foto der Spinnerei von 1962)
  • Josef Stenkamp: Cotton mills for the continent. Sidney Scott und der englische Spinnereibau in Münsterland und Twente. hrsg. vom Textilmuseum Bocholt. Verlag Klartext, Essen 2005, ISBN 3-89861-458-1 / ISBN 978-3-89861-458-0.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Textilmuseum Bocholt 2005.
  2. Dampfmaschinenliste der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, Werk Nürnberg vom 25. März 1928.
  3. Eintrag vom 4. Mai 2005 zu HRA 1398 beim Amtsgericht Steinfurt
  4. BWS-Center-bewegt-die-Borghorster. In: Westfälische Nachrichten. Borghorst, 1. August 2007.
  5. Presseerklärung des Kreises Steinfurt: Der Kamin der ehemaligen Borghorster Warps-Spinnerei (BWS) wird am kommenden Donnerstag, 30. Oktober, um 14 Uhr gesprengt. Damit verschwindet eines der letzten prägnanten Bauwerke auf der Fläche, die zurzeit durch den Kreis Steinfurt und den Altlastensanierungsverband NRW (AAV) umfassend saniert wird. An diesem Tag werden die Straße „Auf dem Windhorst“ und der „Nünningsweg“ sowie die angrenzenden Rad- und Anliegerwege im Umfeld der BWS zwischen 12 und 15 Uhr gesperrt. Steinfurt, 28. Oktober 2008.