Bendroflumethiazid

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Strukturformel
Strukturformel von Bendroflumethiazid
Allgemeines
Freiname Bendroflumethiazid
Andere Namen

(RS)-3-Benzyl-3,4-dihydro-6-(trifluormethyl)-2H-1,2,4-benzothiadiazin-7-sulfonamid-1,1-dioxid[1]

Summenformel C15H14F3N3O4S2
Kurzbeschreibung

weißes, kristallines Pulver mit leicht blumigem Geruch[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 73-48-3
EG-Nummer 200-800-1
ECHA-InfoCard 100.000.728
PubChem 2315
ChemSpider 2225
DrugBank DB00436
Wikidata Q1169164
Arzneistoffangaben
ATC-Code

C03AA01

Wirkstoffklasse

Diuretikum, Antihypertensivum

Eigenschaften
Molare Masse 421,42 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[3]
Toxikologische Daten

395 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Bendroflumethiazid ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Thiaziddiuretika, der bei der Behandlung von Hypertonie eingesetzt wird.[2]

Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vergleich mit Propranolol[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer Studie mit zwei Gruppen von zuvor unbehandelten männlichen Hypertonikern wurden die blutdrucksenkende Wirkung und die Nebenwirkungen während einer 12-monatigen Behandlung mit Bendroflumethiazid und Propranolol verglichen. In beiden Gruppen wurde die gleiche Blutdrucksenkung erreicht. Während der Behandlung entwickelte ein Proband unter Bendroflumethiazid einen Diabetes mellitus und einer unter Propranolol eine kardiale Dekompensation. Die Glukosetoleranz verbesserte sich während der Behandlung mit beiden Wirkstoffen, während sich die Nüchternblutzucker-, Insulin- und Triglyzeridkonzentrationen nicht veränderten. Mit Hilfe dieser Studie stellte sich heraus, dass Bendroflumethiazid und Propranolol als blutdrucksenkende Mittel gleichermaßen nützlich sind und dass das Risiko einer Beeinträchtigung des Glukosestoffwechsels und des Kaliumhaushalts während der Behandlung mit Bendroflumethiazid bei leichter Hypertonie sehr gering zu sein scheint.[5]

In einer Langzeitstudie wurden der Blutdruck und die Stoffwechselvariablen in zwei Gruppen hypertensiver Männer bestimmt, die randomisiert entweder Bendroflumethiazid oder Propranolol täglich erhielten. Zu Beginn der Studie lagen keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen vor. Der Blutdruck wurde durch beide Behandlungen gleichermaßen gesenkt. Fünf Männer in der Propranolol-Gruppe und ein Mann in der Bendroflumethiazid-Gruppe entwickelten einen Diabetes. Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass bei Männern mittleren Alters mit leichter bis mittelschwerer Hypertonie ein niedrig dosiertes Thiaziddiuretikum wie Bendroflumethiazid ein ebenso wirksames und sicheres blutdrucksenkendes Mittel ist wie der β-Blocker Propranolol und dass es keinen Diabetes auslöst. Die Ergebnisse sprechen für die Beibehaltung von Thiaziddiuretika als Mittel der ersten Wahl bei Bluthochdruck.[6]

Vergleich mit anderen Thiaziddiuretika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Diuretika werden bei der Hypertoniebehandlung weltweit die Thiaziddiuretika Hydrochlorothiazid und Bendroflumethiazid und die „thiazidartigen“ Diuretika Chlortalidon und Indapamid eingesetzt. Neuere Befunde zeigen, dass sowohl in Bezug auf Blutdrucksenkung als auch auf prognostische Effekte Bendroflumethiazid und Hydrochlorothiazid dem Indapamid und insbesondere Chlortalidon unterlegen sind. Dies ist insofern klinisch relevant, als dass Hydrochlorothiazid mit großem Abstand der weltweit meistverordnete Vertreter dieser Wirkstoffklasse ist. Die zugrunde liegenden Mechanismen der Überlegenheit von Chlortalidon auf prognostische Parameter sind unklar. Hierbei könnte die Tatsache, dass Chlortalidon eine etwa 5-fach längere Halbwertszeit besitzt als Hydrochlorothiazid, von Bedeutung sein. Es wird empfohlen thiazidartige Diuretika, insbesondere Chlortalidon, bei entsprechender Indikationsstellung bei der Hypertoniebehandlung vor Hydrochlorothiazid und Bendroflumethiazid vorzuziehen.[7]

Synthese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die mehrstufige Synthese von Bendroflumethiazid ist in der folgenden Reaktionssequenz beschrieben:[4]

Synthese von Bendroflumethiazid
Synthese von Bendroflumethiazid

3-Trifluormethylanilin wird zunächst mit Chlorsulfonsäure zu 4-Amino-6-trifluormethyl-1,3-benzen-disulfidchlorid umgesetzt. Im nächsten Schritt entsteht durch Zugabe von Ammoniak 2,4-Diaminsulfonyl-5-trifluormethylanilin. Zuletzt wird durch Umsetzung mit Phenylacetaldehyd das Produkt Bendroflumethiazid erhalten.

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dociretic, pertenso, Tensoflux (D)
  • Précyclan, Tensionorme (F)
  • Apinox, Neo-Nadex (GB)
  • Corzide (USA)[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bendroflumethiazid. In: Rote Liste Online. Abgerufen am 24. Mai 2022.
  2. a b c Klaus Florey, Frank M. Russo-Alesi: Bendroflumethiazide. In: Analytical Profiles of Drug Substances. Band 5. Academic Press, 1. Januar 1976, S. 1–19, doi:10.1016/S0099-5428(08)60313-5.
  3. a b Datenblatt Bendroflumethiazide bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 24. Juni 2022 (PDF).
  4. a b c A. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert: Pharmaceutical Substances, 5th Edition: Syntheses, Patents and Applications of the most relevant APIs. Georg Thieme Verlag, 2014, ISBN 978-3-13-179525-0, S. 128.
  5. Göran Berglund, Ove Andersson, Owe Larsson, Lars Wilhelmsen: Antihypertensive Effect and Side-effects of Bendroflumethiazide and Propranolol. In: Acta Medica Scandinavica. Band 199, Nr. 1-6, 24. April 2009, S. 499–506, doi:10.1111/j.0954-6820.1976.tb06770.x.
  6. G. BERGLUND, O. ANDERSSON, B. WIDGREN: Low-dose Antihypertensive Treatment with a Thiazide Diuretic Is Not Diabetogenic - A 10-year Controlled Trial with Bendroflumethiazide. In: Acta Medica Scandinavica. Band 220, Nr. 5, 1986, S. 419–424, doi:10.1111/j.0954-6820.1986.tb02790.x.
  7. R. Düsing: Therapie der Hypertonie mit Diuretika. In: Der Internist. Band 52, Nr. 12, 1. Dezember 2011, S. 1484–1491, doi:10.1007/s00108-011-2915-3.