Belgische Annexionspläne nach dem Zweiten Weltkrieg

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Nachdem das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg verloren hatte, plante Belgien ab 1945, Gebietsteile entlang der deutsch-belgischen Grenze zu annektieren. Dies wurde neben Geldzahlungen und dem Überlassen von Arbeitskräften als eine Möglichkeit der Reparation in Betracht gezogen. Mitte April 1949 gab Belgien überraschend einen Verzicht auf die meisten der beanspruchten Gebiete bekannt.[1]

Tatsächliche Abtretungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte der Gebietsänderungen

Am 1. April 1949 (vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland) kam es zur zeitweiligen Ausgliederung von Grenzgebieten aus dem Gebiet Nordrhein-Westfalens und von Rheinland-Pfalz nach Belgien. Dies umfasste folgende Bereiche:

Ursprünglich war auch die Einbeziehung mehrerer deutscher de-facto-Exklaven, umschlossen von belgischem Gebiet, geplant. Diese Exklaven bestehen heute noch, da die Trasse der Vennbahn offiziell belgisches Staatsgebiet ist und die westlich davon gelegenen Orte somit vom deutschen Staatsgebiet abschneidet. Es handelt sich um:

Des Weiteren handelt es sich um mehrere Forstgebiete im Bereich zwischen dem belgischen Elsenborn und der deutschen Gemeinde Kalterherberg.

Die Einwohner dieser Gebiete sollten trotz der Grenzänderungen vorläufig deutsche Staatsangehörige bleiben.

Belgien war nach dem Krieg schrittweise von den territorialen Forderungen zurückgetreten. Nach dem alliierten Beschluss vom 26. März 1949 sollten einige Ortschaften und die von Belgien besonders geforderte Vennbahn übergeben werden.[2] Am 15. April 1949, einem Karfreitag, zeichnete sich in Belgien jedoch ein Meinungswandel ab. Die belgische Regierung erklärte offiziell, dass sie auf den Großteil der ihr zugesprochenen Ortschaften verzichte. Dieser Verzicht war aber angeblich nicht die Folge des fortdauernden Protestes der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, sondern eine Einsicht in die Unwirtschaftlichkeit der Grenzkorrektur durch Belgien. Da die Vennbahn nach belgischer Einschätzung über Jahre hinweg enorme Mittel zum Aufbau verschlingen würde, verzichtete man auf die Übernahme der anliegenden Ortschaften in die Militärverwaltung. Außerdem wurde von der Regierung in der belgischen Öffentlichkeit keine Mehrheit für diese Maßnahmen gesehen.[2]

Die Rückgabe der annektierten Gebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rückgabe der annektierten Gebiete an Deutschland erfolgte am 28. August 1958 aufgrund eines am 24. September 1956 geschlossenen deutsch-belgischen Grenzvertrages (BGBl. 1958 II S. 262). Ausgenommen von der Rückgabe blieben die Orte Losheimergraben und der westliche Teil der Gemeinde Leykaul sowie einige Forstgebiete. Diese Gebiete blieben bei Belgien, ebenso die 1940 okkupierten und an das Deutsche Reich angegliederten Gebiete von Eupen und Malmedy, die zuvor Staatsgebiet des deutschen Kaiserreichs gewesen und im Zuge des Versailler Vertrages an Belgien gegangen waren.

Im Januar 2008 erwog der beigeordnete belgische Bezirkskommissar Marcel Lejoly, dass der inzwischen geplante Abbau der Schienen der Vennbahn „internationale Konsequenzen“ nach sich ziehen könnte.[3] Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Gebiete an Deutschland zurückzugeben seien. Jedoch erklärten sowohl das belgische Außenministerium als auch das Auswärtige Amt in Deutschland, dass die Grenzen abschließend vertraglich geregelt seien und somit keine Änderung stattfinden werde. Der deutsch-belgische Grenzvertrag von 1956, auf den sich das Auswärtige Amt beruft, enthält aber keinen Hinweis, was geschehen soll, wenn die im Vertrag erwähnten Bahnanlagen nicht mehr existieren. Die Option auf den Bahnverkehr ist zudem nicht aufgegeben worden, der auf der Strecke geplante Radweg verhindert das nicht.[4]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Herbert Elzer: Zwischen Rheinstaat und Westeuropäischem Bündnis. Großbritannien, Frankreich, die kleineren alliierten Nachbarn und die Besatzung Nordwestdeutschlands 1945; Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, 72; Essen 2006; S. 175 ff.
  • Wolfgang Woelk: Das Grenzland von Nordrhein-Westfalen, die Traktatländereien und die niederländischen Grenzkorrekturen 1949 bis 1963, in: Zentrum für Niederlande-Studien, Jahrbuch 5/6, Münster 1995, S. 85 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bettina Blank: Die westdeutschen Länder und die Entstehung der Bundesrepublik; München 1995; S. 220.
  2. a b Landtag NRW 190, Nr. 442, Bd. 1, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, gem. Woelk, S. 87.
  3. Belgien könnte Staatsgebiet an Deutschland verlieren – Große Fragen zum Ende einer kleinen Eisenbahn. In: Tagesschau. 9. Januar 2008, archiviert vom Original am 19. September 2008; abgerufen am 28. Februar 2013.
  4. Belgien behält seine Exklaven in Deutschland (Memento vom 17. Januar 2008 im Internet Archive). wdr.de am 10. Januar 2008 (im Internet Archive)